Sollte das inhumane Konzept der "sicheren Herkunftsstaaten" durch ein humanes Konzept der "unsicheren Herkunftsstaaten" ersetzt werden?
Sehr geehrte Frau Polat,
das Konzept der "sicheren Herkunftsstaaten" ermöglicht es, Schnellverfahren gegen Schutzsuchende durchzuführen. Die Grünen kämpfen zu recht dagegen. Wird es Ihnen gelingen, die Ausweitung um Georgien und Moldau zu verhindern?
Wie stehem Sie zu einem neuen besseren Konzept der "unsicheren Herkunftsstaaten"? Hier würden alle Schutzsuchenden aus Ländern wie Syrien, Irak, Afghanistan usw. direkt einen unbefristeten Aufenthaltstitel bekommen. Das würde die Verfahren erheblich beschleunigen und vereinfachen.
MfG
Sehr geehrter Herr P.,
Wie Sie sicherlich den Medienberichten entnehmen konnten, beschloss die Bundesregierung bereits Ende August Moldau und Georgien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Einstufung eines Landes als sicher nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts strenge Kriterien erfüllen muss. Die Anerkennungsquoten allein rechtfertigen diese Einstufung nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Urteil von Mai 1996 klargestellt, dass ein Land nur dann als sicher eingestuft werden kann, wenn politische Verfolgung landesweit und für alle Bevölkerungsgruppen ausgeschlossen ist.
Das Konzept sicherer Herkunftsstaaten ist seit zwei Jahrzehnten fester Bestandteil des Asylrechts und wird sowohl vom Grundgesetz als auch von der EU-Asylverfahrensrichtlinie anerkannt. Dennoch möchte ich betonen, dass die Genfer Flüchtlingskonvention das Konzept sicherer Herkunftsstaaten nicht kennt. Im Gegenteil, Artikel 3 dieser Konvention verbietet die unterschiedliche Behandlung von Asylanträgen aufgrund des Herkunftslandes, unabhängig von der Anerkennungsquote.
Wir Grüne halten das Konzept der sicheren Herkunftsländer aus diesem, aber auch vielen anderen Gründen bekanntermaßen für falsch. Es löst die komplexen Herausforderungen in den Kommunen vor Ort nicht und stuft die Lage eines Landes aus innenpolitischen Erwägungen heraus pauschal als sicher und menschenrechtlich unproblematisch ein. Stattdessen braucht es schnelle und faire Asylverfahren. Wir werden in den parlamentarischen Beratungen die Fortschritte und Reformen im Zuge des EU- Beitritts und die Verhandlungen zu den Migrationsabkommen hierbei berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen,
Filiz Polat