Wie wollen Sie die Rolle Deutschlands als Vermittler in internationalen Friedensprozessen stärken?
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Sehr geehrter Herr C.,
vielen Dank für Ihre Frage zur Rolle Deutschlands als Vermittler in internationalen Friedensprozessen. Wir Grüne setzen uns für eine aktive, wertebasierte Außenpolitik ein, die auf Diplomatie, Multilateralismus und ziviler Krisenprävention basiert. In einer Welt, in der geopolitische Spannungen zunehmen und das internationale Recht immer häufiger untergraben wird, ist eine starke diplomatische Vermittlungsrolle entscheidend. Die Friedenspolitik Deutschlands muss deshalb weiter gestärkt und an die neuen globalen Herausforderungen angepasst werden.
Deutschland spielt bereits heute eine bedeutende Rolle in internationalen Friedensprozessen und engagiert sich aktiv in multilateralen Strukturen wie den Vereinten Nationen, der Europäischen Union und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). In diesem Jahr übernimmt Deutschland zudem den Vorsitz der UN-Friedenskonsolidierungen. Diese Kommission unterstützt Länder dabei, nachhaltige Friedensstrukturen aufzubauen, demokratische Institutionen zu festigen und wirtschaftliche Stabilität zu fördern. Zudem hat sich Deutschland für einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die Jahre 2027/2028 beworben, um aktiv an völkerrechtlich bindenden Entscheidungen mitzuwirken.
Mediation und Diplomatie sollten weiter ausgebaut werden. Das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), das bereits Mediationsteams weltweit entsendet, könnte in diesem Zusammenhang weiter gestärkt werden. Zudem setzen wir uns für eine Reform des UN-Sicherheitsrats ein, um die Stimmen des Globalen Südens stärker zu berücksichtigen und die internationale Ordnung gerechter zu gestalten. Zusätzlich fördern wir die multilaterale Zusammenarbeit. Deutschland ist Teil zahlreicher internationaler Bündnisse, doch um wirklich als globaler Vermittler zu agieren, müssen diese Partnerschaften intensiviert werden. Die Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union (AU), der ASEAN in Südostasien und der OSZE ist entscheidend, um regionale Friedensprozesse effektiv zu unterstützen. Insbesondere in Afrika, wo zahlreiche Konflikte durch postkoloniale Ungerechtigkeiten, wirtschaftliche Abhängigkeiten und geopolitische Einflussnahmen verschärft werden, ist eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe wichtig.
Im Nahen Osten setzen wir uns für eine Zwei-Staaten-Lösung ein und hoffen auf zwei friedlich koexistierenden und lebensfähige Staaten Israel und Palästina. Wir denken, dass die Anerkennung eines palästinensischen Staats am Ende eines Friedensprozesses und auch einer gegenseitigen Anerkennung beider Staaten stehen sollte. Bis dahin soll die Zeit genutzt werden, die palästinensische Autonomiebehörde zu stärken, den illegalen jüdischen Siedlungsbau einzudämmen und zu stoppen, und somit einen palästinensischen Staat mit ausgehandelten Staatsgrenzen auf Grundlage der Grenzen von 1967 mit einer effektiven Staatsgewalt zu schaffen. Wir verurteilen den Terror der Hamas gegen israelische Zivilist:innen aufs Schärfste und stehen aus besonderer historischer und politischer Verantwortung solidarisch an der Seite Israels. Auch die humanitäre Lage der in Gaza festsitzenden Zivilbevölkerung ist auch nach Beginn des Waffenstillstands entsetzlich. Außenministerin Annalena Baerbock und andere Vertreter:innen der Bundesregierung, wie Luise Amtsberg, die Beauftrage der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, setzten sich fortlaufend dafür ein, dass deutlich mehr dringend notwendige humanitäre Hilfe in den Gaza-Streifen gelangt. In diesem Zusammenhang hat die deutsche Bundesregierung die humanitäre Hilfe für die Palästinensischen Gebiete seit dem 7. Oktober 2023 um insgesamt 300 Millionen Euro aufgestockt.
Darüber hinaus setzen wir auf eine Stärkung der zivilen Krisenprävention. Krisen frühzeitig zu erkennen und präventiv zu handeln, ist ein entscheidender Faktor für nachhaltigen Frieden. Deutschland muss mehr in frühzeitige Konfliktprävention investieren, um Krisen zu verhindern, bevor sie eskalieren. Dies beinhaltet die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen, den Ausbau von Frühwarnsystemen und die Verbesserung von Mechanismen zur Deeskalation politischer Spannungen. Deutschland sollte seine Mittel für Friedensförderung nicht nur auf militärische Maßnahmen konzentrieren, sondern verstärkt in zivile Friedenssicherung investieren. Dies schließt den Ausbau diplomatischer Kapazitäten in Krisenregionen mit ein, um langfristige Stabilisierung zu gewährleisten.
Mit freundlichen Grüßen,
Filiz Polat