Sehr geehrter Frau Winkelmeier-Becker, unterstützen Sie das AfD-Verbot, wenn es zur Abstimmung kommt? Ich halte es für wichtig, dem BVerfG die Möglichkeit einer rechtlichen Prüfung zu geben.
Das würde eine nicht zu unterschätzende normative Kraft entfalten. Die AfD müsste sich in den nächsten Jahren mäßigen, um nicht weitere Verbotsgründe zu liefern.Das hätte Spaltungspotenzial, weil die Hardliner einen mäßigeren Kurs nicht mittragen dürften.Vielen Dank für Ihre Antwort schon im Voraus,mit freundlichen Grüßen,
Lina P.
Sehr geehrte Frau P.,
danke für Ihre Frage.
Im November habe ich den Antrag zum AfD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht unterzeichnet. Nach Abwägung der juristischen und politischen Aspekte halte ich es für richtig, dass das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der AfD überprüfen sollte. Leider haben der Bundesrat und die Bundesregierung, die dazu besser in der Lage wären als das Parlament, bisher von einem Antrag abgesehen. Morgen wird der Antrag im Deutschen Bundestag in erster Lesung debattiert; im Anschluss wird der Antrag zur weiteren Beratung an den Innenausschuss überwiesen.
Ohne einem Verfahren vorgreifen zu wollen, gibt es nach meiner Einschätzung gute Chancen auf ein erfolgreiches Verfahren, wenn man die bisher vom Gericht selbst entwickelten Grundsätze zugrunde legt. In jedem Fall würde es (ähnlich wie im zweiten NPD-Verbotsverfahren) viele Aspekte geben, in denen das Bundesverfassungsgericht die Position der AfD analysieren und kritisieren und damit manchem Anhänger auch die Augen öffnen könnte. Außerdem kämen als Rechtsfolgen die Einstellung der Finanzierung bzw. das Verbot einzelner Landesverbände in Betracht.
Unabhängig vom Zustandekommen und Ausgang eines Verbotsverfahrens müssen wir das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen, die nicht rechtsextrem denken, aber von der Politik der aktuellen und der früheren Regierungen enttäuscht sind, und deshalb mit der AfD sympathisieren. Das bleibt die gemeinsame und schwierige Aufgabe der Parteien der demokratischen Mitte, aber auch der Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker