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Elisabeth Winkelmeier-Becker
CDU
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Frage von Martin S. •

Frage an Elisabeth Winkelmeier-Becker von Martin S. bezüglich Innere Sicherheit

Hallo, Frau Winkelmeier-Becker,

ich habe zwei Fragen zu Ihren politischen Positionen und würde mich über eine Antwort sehr freuen - schon jetzt vielen Dank.

- Was möchten Sie gegen den "Abmahnwahn" (das gewerbsmäßige Abmahnen von Rechtsverstößen zum Zwecke des Geldverdienens) unternehemn? Was halten Sie vom britischen Modell, dass die erste Abmahnung zu einen Verstoß kostenlos sein muss?
- Wie stehen Sie zur Abschaffung des Rechtsberatungsgesetzes?

Viele Grüße;
Martin Schneider

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schneider,

vielen Dank für Ihre Fragen zum „gewerbsmäßigen Abmahnen“ und zum Rechtsberatungsgesetz. Ich bemerke hierzu folgendes:

Zum gewerbsmäßigen Abmahnen:

Ich gebe Ihnen selbstverständlich Recht, dass die missbräuchliche Betätigung von Rechtsbehelfen, so gut es eben geht, auszuschließen ist. Jedoch ist beim Problem des gewerbsmäßigen Abmahnens zu differenzieren: Im Bereich des Urheberrechts haben wir mit § 97 a Abs. 2 UrhG eine Deckelung der Anwaltsgebühren für den Fall erstmaliger Abmahnungen in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100,- Euro eingeführt. So ist zumindest dieses Geschäftsmodell für eine erhebliche Zahl von Fällen ausgeschlossen und dem missbräuchlichen Abmahnen deutlich Einhalt geboten.

Im Wettbewerbsrecht ist im Gegensatz zum Urheberrecht zu beachten, dass Wettbewerbsrechtverstöße, die ja den Abmahnungen zu Grunde liegen, tatsächlich objektiv negative Auswirkungen haben und zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Die (in der Sache häufig gerechtfertigte) Abmahnung ist im Wettbewerbsrecht ein wesentliches Element des Schutzes auch der Verbraucher. Denn ein intakter Wettbewerb kommt Verbrauchern und Kunden zu Gute. Er ist wiederum nur bei größtmöglicher Klarheit und bei möglichst geringen Kosten gewährleistet. Diesen Zielen laufen Wettbewerbsverstöße entgegen. Im Schutzgut unterscheidet sich das Wettbewerbsrecht beispielsweise auch von den missbräuchlichen Anfechtungen von Hauptversammlungsbeschlüssen im Aktienrecht. Dort ist jeweils die Verletzung subjektiver Rechte Anlass für Klagen und Anfechtungen.

Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) haben wir uns Ende 2008 mit den missbräuchlichen Abmahnungen nach § 12 UWG auseinandergesetzt. In den Beratungen wurde deutlich, dass es unbedingt näher zu prüfen ist, ob und wie gegen die von Verbraucherverbänden und Medien vorgetragenen Missbrauchsfälle bei Abmahnungen vorzugehen sei. Entsprechende Evaluierungen laufen zur Zeit.

Zum Rechtsberatungsgesetz:

Hier haben wir mit dem im Oktober 2007 verabschiedeten „Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts“ auf die Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht, Bundesgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht reagiert. Diese Rechtsprechung hatte verschiedene Lockerungen des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots im Rechtsberatungsgesetz für Personen, die nicht Volljuristen sind, zur Folge.

Mit dem Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz, RDG) ist es jedoch gelungen, eine Regelung zu finden, die einerseits der genannten Rechtsprechung gerecht wird und andererseits die hohe Qualität der Rechtsberatung in Deutschland gewährleistet. Umfassende und vollwertige Rechtsberatung kann deshalb auch weiterhin nur von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten geleistet werden können. Nur diese Berufsgruppe ist sowohl von ihrer Ausbildung, als auch von den berufsrechtlichen Anforderungen her in der Lage, den Belangen der Rechtsuchenden in adäquater Weise gerecht zu werden. Nur Anwälte unterliegen einer Schweigepflicht, sie genießen im Hinblick auf ihre Mandatsverhältnisse zum Schutz ihrer Mandanten umfassende Zeugnisverweigerungsrechte, sie haften für Fehler, durch die ihren Mandanten ein Schaden entsteht und sie müssen, um diese Haftungsverpflichtung auch erfüllen zu können, eine ausreichende Haftpflichtversicherung unterhalten.

Die in dem ursprünglichen, von der Bundesjustizministerin erarbeiteten Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehenen Öffnungen des Rechtsberatungsrechts für andere Berufsgruppen gingen aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu weit. Im Hinblick auf die Qualitätssicherung der Rechtsberatung waren Verbesserungen notwendig, die wir erreicht haben:

• Die Begriffsdefinition der Rechtsdienstleistung ist entscheidend präzisiert worden. Dadurch werden nunmehr die relevanten Fälle der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten hinreichend erfasst.
• Die ursprünglich vorgesehene komplette Herausnahme der Mediation aus dem Begriff der Rechtsdienstleistung konnte deshalb so nicht stehen bleiben. Hier ist klargestellt worden, dass eine Mediation, die durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift, als erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung anzusehen ist.
• Nebenleistungen, also Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit sollten nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf erlaubnisfrei sein. Hier ist es gelungen, klarzustellen, dass die Nebenleistung im Verhältnis zur nicht rechtsdienstleistenden Hauptleistung immer nur dienende Funktion haben kann bzw. zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten erforderlich sein muss. Mit der jetzt gefundenen Formulierung werden auch Umgehungsmöglichkeiten dergestalt vermieden, dass umfangreiche Rechtsdienstleistungen zur Vertragspflicht der nicht juristischen Haupttätigkeit gemacht werden können.
• Die ursprünglich von Bundesministerin Zypries vorgesehen Änderungen bei den Regelungen zur Zusammenarbeit von Rechtsanwälten mit anderen Berufen konnten wir verhindern. Nach dem Gesetzentwurf ihres Hauses sollte jedermann die Erbringung von Rechtsdienstleistungen erlaubt sein, wenn er sich hierfür nur eines Anwalts bedient. Die Mandatsbeziehung wäre in diesen Fällen lediglich durch die Vermittlung von Dritten zustande gekommen. Diese Konstruktion war schon vom Ansatz her problematisch, weil sich unweigerlich der Eindruck aufgedrängt hätte, dass der Anwalt hier als „Diener zweier Herren“ auftritt. Der Anwalt im „Hinterzimmer“ von Banken oder Versicherungen, der gegenüber dem Mandanten überhaupt nicht persönlich in Erscheinung tritt, wäre die Folge gewesen. Der Rechtsuchende hätte keinerlei Möglichkeit gehabt, Qualität und Seriosität des Anwalts einzuschätzen und persönliches Vertrauen zum Anwalt aufzubauen. Die Grundbedingung des Aufbaus einer gedeihlichen Mandatsbeziehung wäre unerfüllt geblieben und der Vorgang der Rechtsberatung für den Rechtsuchenden gänzlich intransparent geworden. Dieser hätte weder beurteilen noch überprüfen können, ob der juristische Laie sein Rechtsberatungsbedürfnis vollständig und unverfälscht an den Anwalt weiterleitet. Umgekehrt hätte die Weiterleitung einer korrekten anwaltlichen Rechtsberatung durch den Laien unvollständig oder verfälschend sein können. Letztlich musste in diesem Zusammenhang auch vermieden werden, dass der Rechtsuchende im Haftungsfalle möglicherweise nur einen Anspruch gegen den nicht haftpflichtversicherten Laienanbieter gehabt hätte.
• In diesem Zusammenhang mussten auch die ursprünglich vorgesehenen Änderungen in Bezug auf Sozietäten von Rechtsanwälten mit anderen Berufen entfallen. Es ist insoweit bei der bisherigen Regelung geblieben, die es Rechtsanwälten lediglich erlaubt, sich mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zu einer Sozietät zusammenzuschließen. Die ursprünglich geplante Erweiterung dieses Kreises der sozietätsfähigen Berufe musste unterbleiben. Eine gemeinsame Berufsausübung von Rechtsanwälten mit sogenannten „vereinbaren“ Berufen war nicht hinreichend präzise. Sie hätte insbesondere unter dem Aspekt des anwaltlichen Berufsgeheimnisses dem Schutz des rechtsuchenden Bürgers nicht genügt. Außerdem hätte eine solche Regelung zu einer ufer- und grundlosen Ausweitung von Zeugnisverweigerungsrechten, die Rechtsanwälten aus gutem Grunde zustehen, geführt.
• Schließlich ist unter dem Aspekt eines wirksamen Verbraucherschutzes im Laufe der Gesetzesberatungen die unerlaubte Rechtsberatung wieder als Ordnungswidrigkeitentatbestand ausgestaltet worden.

Angesichts der genannten Punkte bin der Ansicht, dass es uns bei aller Kritik gelungen ist, ein zeitgemäßes und modernes Rechtsberatungsrecht zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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