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Detlef Müller
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Frage von Reinhard W. •

Frage an Detlef Müller von Reinhard W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Hallo Herr Müller,
da ich von ihrem Abstiimungsverhalten zum BKA-Gesetz doch enttäuscht bin, muss ich fragen:
Sind sie persönlich von diesem Gesetz überzeugt und oder haben sie aus Gründen des Fraktionszwanges dafür entschieden und nicht wie ihre Kollegen in Hessen auf ihr Gewissen gehört?

Vielen Dank

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Sehr geehrter Herr Weck,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir haben gestern abschließend den Gesetzentwurf zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt (BKAG) beraten.

Ich habe dem Gesetzentwurf nach Beratung mit den Fachkollegen meiner Fraktion schließlich mit einigen Bauchschmerzen zugestimmt. Mit ausschlaggebend für diese Entscheidung war für mich, dass bei dem durch die Nachverhandlungen erzielten Kompromiss wesentliche Forderungen der SPD, wie etwa die Sicherstellung einer besonders hohen Eingriffsschwelle oder die Miteinbeziehung der engen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes, umgesetzt werden konnten.

Mir war bei der Abstimmung besonders wichtig, dass die Ausgewogenheit zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger auf der einen und den Sicherheitsinteressen des Staates bei der Bekämpfung von Schwerstkriminalität, und wir sprechen hier ausschließlich vom Terrorismus, gewahrt bleiben muss. Meiner Auffassung nach erfüllt der erzielte Kompromiss diese Anforderung.

Fest steht, dass alle getroffenen Regelungen allein vor dem Hintergrund einer latenten Bedrohung Deutschlands durch den internationalen Terrorismus vertretbar sind. Hinzu kommt, dass das BKA in der Praxis schon heute in entsprechenden Fällen ermittelt. Nämlich dann, wenn sich bei der Überprüfung herausstellt, dass die Grenze zur Strafbarkeit bereits überschritten war. In einem solchen Fall zieht die Bundesanwaltschaft den Fall an sich und beauftragt das BKA mit den Ermittlungen. Diesem Hin und Her wollten wir ein Ende bereiten. Wir haben deshalb bereits im Rahmen der Föderalismusreform das Grundgesetz in Art. 73 Nr. 9 a GG geändert und dem BKA die ausschließliche Präventivbefugnis zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus übertragen.

Mit dem neuen BKA-Gesetz füllen wir diese grundgesetzliche Kompetenz nun aus. Damit das BKA tatsächlich handlungsfähig ist, übertragen wir ihm mit dem neuen Gesetz die entsprechend erforderlichen polizeilichen Ermittlungsbefugnisse. Dazu gehört auch die Wohnraum- und Telekommunikationsüberwachung. Die Polizei der Bundesländer wenden diese Maßnahmen schon seit Jahren an. Es wäre widersinnig, wenn wir dem BKA angesichts der Schwere einer terroristischen Bedrohung weniger Ermittlungsmöglichkeiten geben würden.

Anders als herkömmlichen Ermittlungsmethoden ist die Online-Durchsuchung natürlich ein Novum. Aus der Praxis des BND wissen wir aber, dass er bei seinen auslandsbezogenen Ermittlungen über die Online-Durchsuchung bereits wichtige Erfolge erzielen konnte. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Kommunikation von Terrorverdächtigen zunehmend konspirativer wird. Computersysteme spielen dabei eine entscheidende Rolle. Die herkömmliche Telefonüberwachung hilft hier leider nicht weiter.

Natürlich darf das BKA diese neuen Befugnisse nur unter strikter Beachtung unserer verfassungsrechtlichen Grundsätze in eng umgrenzten Fällen anwenden. Hierzu gehört auch, dass besonders eingriffsintensive Maßnahmen nur gegenüber dem Tatverdächtigen bzw. seiner Kontakt- und Begleitperson angeordnet werden dürfen. Außerdem muss der Kernbereich privater Lebenssphäre für das BKA tabu bleiben. Die Verwendung von Informationen aus diesem Kernbereich ist deshalb grundsätzlich verfassungswidrig und nicht gestattet. Daher spielte für uns die Kernbereichskontrolle eine besonders wichtige Rolle. Wir haben daher erreicht, dass abgesehen von der generell erforderlichen richterlichen Anordnung einer Online-Untersuchung jeweils drei Mitarbeiter des BKA über etwaige Verletzungen des Kernbereichs zu befinden haben. Der weisungsunabhängige Datenschutzbeauftragte des Bundeskriminalamtes hat hier eine Schlüsselrolle. Denn nicht erst bei seinem begründeten Verdacht, sondern auch schon bei Zweifeln muss ein Richter hinzugezogen werden. Diese Regelung wurde auch durch den Bundesdatenschutzbeauftragten für Datenschutz, Peter Schaar, für geeignet befunden.
Durch diese besonderen Hürden bleiben wichtige Bürgerrechte gewahrt und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes im Gesetz erfüllt.

Mit freundlichen Grüßen

Detlef Müller, MdB

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