Frage an Detlef Müller von Carl W. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Antwort. Allerdings liessen Sie jenseits Ihres grundsätzlichen Bekenntnisses zur Teilprivatisierung meine folgenden Fragen unbeantwortet:
Wie hoch schätzen Sie den Effekt eines attraktiven Bahnhofs für die Attraktivität des Schienenverkehrs insgesamt ein? Ist Ihnen bekannt, dass zum Jahreswechsl 2007 - 2008 in Chemnitz mehrere Bahnhöfe an einen Investor aus dem Ausland verkauft wurden? Verfolgen Sie die Auswirkungen dieser und weiterer Bahnhofsverkäufe auf die Menschen der Region?
Wie schätzen Sie die mögliche Einflussnahme auf eine DB AG ein, an deren größter Tochter private Investoren beteiligt sind?
Durch welche Maßnahmen sollen ihrer Auffassung nach die gemeinwirtschaftlichen Interessen im Bahnverkehr zukünftig geschützt werden?
Hinsichtlich Ihrer Verbundenheit mit Eisenbahnern und Gewerkschaften schreiben Sie:
"Hinzufügen möchte ich noch, dass für meine Zustimmung als Eisenbahner und Gewerkschafter wichtig war, dass der Beschäftigungspakt bei der DB AG auch nach der Teilprivatisierung erhalten bleibt."
Ist Ihnen bekannt, dass die Beschäftigungssicherung mitnichten gesichert ist, sondern dass vielmehr nur die Verhandlung darüber ab 2010 geregelt wurde? (http://www.deinebahn.de/story/49/2749.html, http://www.deinebahn.de/download/tarifvertrag-bahnprivatisierung_08-05-05.pdf)
Wie sehen Sie den Umstand, dass der vormalige Gewerkschaftsvorsitzende Hansen, der diesen Vertrag ausgehandelt hat, mittlerweile in den Vorstand der DB-AG gewechselt hat? (z.B. bei AFP: http://afp.google.com/article/ALeqM5idOD-2NYciOaizXLLysRPyhZK03w)
Weswegen stellen Sie sich als Gewerkschafter gegen die Auffassung des DGB (http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/Unternehmen-DGB-Claus-Matecki;art129,2505669), gegen die Position von IG Metall und verdi (http://www.deinebahn.de/story/74/174.html), aber auch der transnet-Basis (http://www.abendblatt.de/daten/2008/05/24/885187.html) und der GDL (Statement der GDL in der Anhörung am 26. Mai http://www.gdl.de)?
mit freundlichen Grüßen: Carl Waßmuth
Sehr geehrter Herr Waßmuth,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich nicht der Reihe nach alle Fragen beantworten werde, da es sich bei Ihrer Mail fast um einen „Fragenkatalog“ handelt. Dies ist meiner Auffassung nach nicht der Zweck eines Forums wie „Abgeordnetenwatch.de“.
Natürlich sind attraktive Bahnhöfe sowohl für die Stadt, da sie ja das Eingangstor für Besucher der Städte bilden und meist sehr zentral liegen als auch für den Schienenverkehr sehr wichtig. Deshalb werden seit einigen Jahren sowohl große als auch kleinere Bahnstationen mit großem finanziellen Aufwand saniert, erste sichtbare Erfolge sind bereits zu sehen.
Allerdings werden auch Bahnanlagen, auch Bahnhöfe, zurückgebaut oder anderweitig genutzt. Meine Antwort auf eine entsprechende Frage hier bei abgeordnetenwatch.de können sie nachlesen.
Ja, mir ist bekannt, dass die Bahn AG zum Jahresende die vier Chemnitzer Bahnhöfe Mitte, Süd, Zwönitzbrücke und Siegmar verkauft hat. Die Bahnhöfe wechseln auch nicht zum ersten Male den Besitzer. Der Zustande der Bahnhofsgebäude ist Ihnen bekannt- für den Bahnbetrieb an sich werden die Gebäude auch nicht mehr benötigt. Ein Verkauf ist also durchaus eine Alternative zum Abriss.
Private Investoren erhalten keinen unternehmensbestimmenden Einfluss auf den Kernbereich der Unternehmenspolitik der Deutschen Bahn AG, schon allein deshalb, weil sich privates Kapital nur mit 24,9 % an den Bereichen Verkehr und Logistik der DB AG beteiligt wird. Die DB AG selbst bleibt zu 100 Prozent im Bundesbesitz und behält die Aktienmehrheit an dieser Gesellschaft, die Eisenbahninfrastrukturunternehmen bleiben dauerhaft und vollständig bei der DB AG und damit zu 100 Prozent im Bundesbesitz. In einem Beteiligungsvertrag des Bundes mit der DB AG wird die oben beschriebene Struktur einschließlich der Beteiligung Dritter geregelt. Hierbei soll Bezug genommen werden auf die im Grundgesetz festgelegte Infrastruktur- und Angebotsverantwortung.
Den Wechseln von Herrn Hansen von TRANSNET in den Bahnvorstand halte ich persönlich für hoch problematisch und vollkommen unsensibel.
Der DGB und die GDL haben die Teilprivatisierung der Bahn AG abgelehnt, während TRANSNET sich für eine „konstruktiv-kritische“ Begleitung des Privatisierungsprozesses ausgesprochen hat. Für mich persönlich steht der Beschäftigungspakt auch nach einer Teilprivatisierung nicht zur Disposition.
Sehr geehrter Herr Waßmuth, mir ist bewusst, dass es auch viele Gegner einer Teilprivatisierung der Bahn gibt. Ihre kritische Haltung, Ihre Linkempfehlungen, z.B. http://privatisierungstoppen.deinebahn.de und Ihr Engagement bei Attac zeigen, dass auch Sie die Teilprivatisierung ablehnen. Aus meiner Sicht gibt es allerdings keine wirkliche Alternative zum eingeschlagenen Weg, wenn wir auch in Zukunft eine Bahn mit attraktiven Angeboten und einer modernen Infrastruktur haben wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Müller, MdB