Frage an Detlef Müller von Thomas L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Müller,
wie ist Ihre Haltung in Bezug auf die Abstimmung zur Vorratsdatenspeicherung am 9. November 2007 ?
Ich finde es unerträglich, dass ausgerechnet am Jahrestag des Mauerfalls ein weiterer großer Schritt in Richtung "STASI 2.0" getan werden soll.
Ich verzichte an dieser Stelle auf eine detaillierte Argumentation, denn dass es sich hierbei um einen massiven Eingriff in Pressefreiheit und die Privatsphäre so gut wie aller Bürger handelt (wer nutzt schon kein Telefon und Internet?), wird ja nicht einmal von den Befürwortern des Gesetzentwurfes bestritten.
Der CDU ist wahrscheinlich nicht mehr zu helfen (Stichwort: "Schäuble-Katalog"), aber für die SPD wäre dies nun der Zeitpunkt, sich vom eingeschlagenen Kurs des ehemaligen Bundesinnenministers und 2fachen Trägers des "Big Brother Awards" Otto Schily zu distanzieren. Es kann doch nicht angehen, dass immer erst das Bundesverfassungsgericht angerufen werden muss (z.B. im Fall "Cicero"), um unser Grundgesetz zu verteidigen.
Wenn es aber nicht anders geht und das Parlament am 09.11.2007 seiner Funktion zur Wahrung der freiheitlichen Bürgerrechte nicht nachkommt, werde auch ich mich - wie schon rund 7000 Bürger vor mir - an der Massenklage des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung ( siehe: www.vorratsdatenspeicherung.de ) beteiligen.
Ich möchte Sie daher auf diesem Weg bitten, gegen die Speicherung aller Verbindungsdaten zu stimmen oder sich zumindest für eine Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung stark zu machen (bis eine Entscheidung zur Klage am Europäische Gerichtshof vorliegt).
Mit freundlichen Grüßen aus Chemnitz,
Thomas Linke
Sehr geehrter Herr Linke,
vielen Dank für ihre Anfrage. Derzeit erreichen mich sehr viele Anfragen per Brief oder Mail zur geplanten Vorratsdatenspeicherung. Auch hier bei „Abgeordnetenwatch.de“ habe ich ähnliche Anfragen bereits beantwortet.
Es war wichtig und richtig, dass eine Gesetzesvorlage eine verfassungskonforme Lösung für Online-Durchsuchungen beinhalten muss. Dazu benötigen wir dringend eine Neugestaltung des Bundeskriminalamtsgesetzes (BKAG), die dem Bundeskriminalamt unter anderem die Möglichkeit gibt, die Telekommunikation zu überwachen. Gerade die jüngsten Meldungen über die vereitelten Anschläge in Deutschland erfordern eine praktische, sicherheitsorientierte Innenpolitik. Außerdem muss festgehalten werden, dass immer wieder Ermittlungserfolge durch den Zugriff auf Verbindungsdaten zu verzeichnen sind. Allerdings ist die Notwendigkeit einer stabilen Rechtsgrundlage für die Online-Durchsuchung unverzichtbar. Die rechtlichen und technischen Voraussetzungen dieses Instruments sind darüber hinaus überaus diffizil.
Die heimliche Durchsuchung des Computers ist ein besonders schwerer Eingriff in die Schutzsphäre des Bürgers. Dennoch darf es meiner Meinung nach keine rechtsfreien Räume geben, in denen Hinweise auf begangene oder geplante Verbrechen vor den Ermittlungsbehörden geschützt sind. Im Zweifelsfall sollte den Ermittlungsbehörden hier auch das Mittel der Online-Durchsuchung zur Verfügung stehen.
Da die Online-Durchsuchung im Gegensatz zur Hausdurchsuchung heimlich erfolgen soll, um die betroffene Person oder ihre Komplizen nicht vor den Ermittlungen zu warnen, bedarf es zu ihrer Genehmigung besonders hoher rechtsstaatlicher Hürden wie zum Beispiel einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Die Auflagen für diesen Beschluss müssen deutlich höher liegen als bei der Hausdurchsuchung.
Ich bin mir bewusst, dass nicht die Verhältnismäßigkeit aus den Augen verloren werden darf. Es darf nicht sein, dass die Freiheitsrechte des Einzelnen unnötig im Namen der Sicherheit eingeschränkt werden; es bedarf dabei stets der Wahrung einer vernünftigen, rechtsstaatlichen Balance.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Müller, MdB