Frage an Detlef Müller von Uwe R. bezüglich Innere Sicherheit
Guten Tag Herr Müller,
Wie begründen sie ihre Zustimmung zum Bundeswehreinsatz in Syrien in Bezug auf das deutsche Grundgesetz( §87a ), fehlendem UNO Mandat ( die UNO Resolution 2249 bezieht sich nur auf Frankreich und nicht auf D und UNO Artikel 51 zieht ja auch nicht so recht, ISIS ist ja kein Staat..... ) ?
Uwe Ritzmann
Sehr geehrter Herr Ritzmann,
vielen Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de
Sie fragen hauptsächlich nach den verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlagen für den Bundeswehreinsatz in Syrien. Dazu folgende Aussagen:
Die Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte erfolgt im Rahmen und nach den Regeln eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nach Art. 24 Abs. 2 des Grundgesetzes. Der Einsatz erfolgt in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Vorgaben für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Durch den vorgesehenen Einsatz deutscher Streitkräfte unterstützt die Bundesrepublik Deutschland Frankreich, Irak und die internationale Allianz in ihrem Kampf gegen IS auf der Grundlage des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung gemäß Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat mit Resolution 2170 (2014) vom 15. August 2014 und Resolution 2199 (2015) vom 12. Februar 2015 sowie mit Resolution 2249 (2015) vom 20. November 2015 wiederholt festgestellt, dass von der Terrororganisation IS eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit ausgeht. Mit Resolution 2249 (2015) vom 20. November 2015 hat er die Mitgliedstaaten, die dazu in der Lage sind, aufgefordert, unter Einhaltung des Völkerrechts, insbesondere der Charta der Vereinten Nationen sowie der internationalen Menschenrechtsnormen, des Flüchtlingsvölkerrechts und des humanitären Völkerrechts, in dem unter der Kontrolle von IS stehenden Gebiet in Syrien und Irak alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, ihre Anstrengungen zu verstärken und zu koordinieren, um terroristische Handlungen zu verhüten und zu unterbinden, die insbesondere von IS und anderen terroristischen Gruppen begangen werden, die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als solche benannt wurden, und den sicheren Zufluchtsort zu beseitigen, den sie in erheblichen Teilen Iraks und Syriens geschaffen haben.
Nach den von der Terrororganisation IS begangenen Angriffen auf Paris am 13. November 2015 hat sich mit Frankreich erstmals ein EU-Mitgliedstaat auf die in Art. 42 Abs. 7 des Vertrages über die Europäische Union verankerte Beistandsklausel berufen. Auf dem Treffen des Rates der EU für Außenbeziehungen im Format der EU-Verteidigungsminister in Brüssel am 17. November 2015 haben alle Mitgliedstaaten einhellig den französischen Antrag nach Art. 42 Absatz 7 EU-Vertrag unterstützt und ihre Solidarität und ihren Beistand zugesichert.
Im Rahmen der internationalen Bemühungen zur Bekämpfung der Terrororganisation IS formierte sich 2014 eine breite Allianz, der inzwischen über 64 Staaten angehören und die sich einem international multidimensionalen Ansatz verpflichtet fühlt.
Deutschland war, wie Frankreich, von Beginn an Teil dieser Allianz und hat eine verantwortliche Position im Rahmen der Stabilisierungsbemühungen übernommen. Deutschland hat in diesem Rahmen bereits umfangreiche Ausbildungs- und Ausrüstungshilfe im Nordirak sowie zivile Unterstützung im Irak und Syrien geleistet. Die Bundesregierung beabsichtigt, diese auch weiter fortzusetzen.
Beginnend im September 2014 haben mehrere mit Deutschland verbündete oder partnerschaftlich verbundene Staaten (USA, Australien, Vereinigtes Königreich, Frankreich) die durch IS von syrischem Staatsgebiet ausgehenden Angriffe auf Irak zum Anlass genommen, Irak - auf dessen Ersuchen hin - in Ausübung des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung im Sinne von Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen militärischen Beistand zu leisten. In diesem Zusammenhang werden auch militärische Maßnahmen auf syrischem Gebiet durchgeführt, da die syrische Regierung nicht in der Lage und/oder nicht willens ist, die von ihrem Territorium ausgehenden Angriffe durch IS zu unterbinden. Insoweit als vom IS eine Bedrohung für andere Staaten selbst ausgeht, nehmen diese darüber hinaus ihr Recht auf individuelle Selbstverteidigung wahr. Dieses Vorgehen wurde dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durch die genannten Staaten angezeigt.
Das Vorgehen gegen IS in Wahrnehmung des kollektiven Selbstverteidigungsrechts gemäß Art. 51 der Charta der Vereinten Nationen ist von der Resolution 2249 (2015) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen umfasst. Soweit die kollektive Selbstverteidigung zu Gunsten von Frankreich geleistet wird, erfolgen die militärischen Beiträge Deutschlands zusätzlich in Erfüllung der EU-Beistandsklausel nach Art. 42 Abs. 7 des Vertrages über die Europäische Union.
In der Sitzung des Europa-Ausschusses vom 02.12.2015 wurde auf meine Nachfrage hin auch von Professor Nolte, einem anerkannten Verfassungs- und Völkerrechtler der Humboldt-Universität Berlin diese Sichtweise unterstützt und verstärkt.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr,
Detlef Müller (Chemnitz)