Frage an Detlef Müller von Eckart K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Müller,
auf Wahlplakaten wirbt die SPD bspw. mit armutsfesten Renten und einem gesetzlichen Mindestlohn. Wie soll dies umgesetzt werden und was können Sie persönlich tun, um echte Veränderungen durchzusetzen? Gerade die rot-grüne Regierung war es doch, die mit den sog. Arbeitsmarktreformen erst dazu beitrug, dass es zu massiver Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung kam. Mir ist auch nicht bekannt, dass die SPD neuerdings für die Abschaffung von Hartz IV und dem ausufernden Niedriglohnsektor oder zumindest deren umfassende Verbesserung eintritt, so dass die Menschen im Land sowohl jetzt als auch im Rentenalter von Armut verschont bleiben. Wird die SPD, sollte sie die Wahl nicht gewinnen, künftig ihrer Oppositionsrolle wesentlich umfassender nachkommen als bisher oder weiterhin in der "Abnickrolle" verharren, wenn es um die o. g. Fragen geht?
Vielen Dank für Ihre Antwort,
E. Kühne
Sehr geehrter Herr Kühne,
vielen Dank für Ihre Frage.
Das Thema „Mindestlohn“ steht nun schon seit einigen Jahren auf der Tagesordnung. Eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass Leute, die Vollzeit arbeiten, auch von ihrem Lohn leben können. Leider ist es eben keine Selbstverständlichkeit – auch in Chemnitz müssen Vollzeit-Arbeitnehmer ihren „Lohn“ aufstocken. Im Klartext heißt das, dass der Steuerzahler Löhne subventioniert. Noch krasser gesagt: manche Unternehmen sparen sich einen Teil ihrer Lohnkosten und lassen den Steuerzahler dafür aufkommen. Hier muss schnellstens etwas passieren – zumal es eine deutliche Mehrheit in der Gesellschaft für einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro gibt. Nicht nur bei Parteien und Gewerkschaften – selbst bei Unternehmen, Handwerkern und Gewerbetreibenden ist die Erkenntnis da, dass es ohne eine unterste Haltelinie bei Löhnen und Gehältern nicht geht. Peer Steinbrück sprach davon, dass er den gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland spätestens im Februar 2014 einführen wird. Nehmen wir, nehmen Sie ihn beim Wort!
Fakt ist aber auch, dass ein Mindestlohn von 8,50 Euro nicht armutsfeste Renten sichert. Hier muss also ein Stufenplan her, der in einem klaren Zeitplan aufzeigt, wie der Mindestlohn angehoben werden muss, um auch auskömmliche Renten zu sichern.
Ohne die Bekämpfung der Erwerbsarmut kann der Altersarmut nicht wirksam begegnet werden! Das Rentensystem kann nicht dauerhaft die während des Arbeitslebens entstandenen sozialen Ungerechtigkeiten am Ende korrigieren. Wir werden uns deshalb vor allem an den konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung von Erwerbsarmut und prekärer Beschäftigung messen lassen: Mindestlohn, gleicher Lohn für gleiche Arbeit (Ost / West; Mann / Frau und Stammbelegschaft/Leih-/Zeitarbeit)
Wir brauchen bessere Übergänge ins Rentenalter. Nicht jeder Rentenzugang passt für alle, aber für alle muss es einen passenden Rentenzugang geben.
Vor allem für diejenigen Berufsgruppen und Beschäftigten, die bereits heute wegen der
Arbeitsbelastung oder aufgrund von Invalidität nicht bis zum 65. Lebensjahr arbeiten
können, wollen wir den Übergang ins Rentenalter ohne große Einkommensverluste ermöglichen.
Dafür schlagen wir u.a den abschlagsfreien Zugang zur Rente ab 63 Jahren nach 45 Versicherungsjahren und eine attraktive Teilrente ab dem 60. Lebensjahr oder vergleichbare flexible Übergangsmodelle, bei denen auf der Grundlage gesetzlicher Regelungen Tarifverträge abgeschlossen werden können,
Wir wollen eine Solidarrente einführen: Wer langjährig der gesetzlichen Rentenversicherung angehört und Beiträge gezahlt hat, muss eine Rente deutlich oberhalb der Grundsicherung erhalten. Parallel zu einem gesetzlichen Mindestlohn werden wir darum eine „Solidarrente” einführen. Sie sorgt dafür, dass für langjährig Versicherte (30 Beitragsjahre / 40 Versicherungsjahre) die Rente nicht unter 850 Euro liegt. Wer diese Solidarrente in Höhe von mindestens 850 Euro durch die Höherwertung der Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigungszeiten im Niedriglohnsektor innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erreicht, erhält diesen Betrag innerhalb einer zweiten Säule der Grundsicherung, bei der eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgt.
Und- für uns besonders wichtig: 23 Jahre nach der Wiedervereinigung werden Unterschiede im Rentenrecht in Deutschland zu Recht nicht mehr akzeptiert. Wir müssen und werden deshalb den Weg zu einem einheitlichen Rentensystem für Ost und West einleiten.
Meine Aufgabe als gewählter Abgeordneter wird es sein, genau bei diesen Punkten Druck zu machen und nicht zuzulassen, dass einige Punkte verwässert oder aufgeschoben werden. Verbündete suchen, Mehrheiten schaffen, Stimme erheben: Das sind, im Falle meiner Wahl, meine Aufgaben.
Mit freundlichen Grüßen,
Detlef Müller