Frage an Detlef Müller von Angelika H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Müller,
mein Problem sind die gerade geäußerten Wünsche von Herrn Tillich und Frau Merkel: Tillich wünscht die sofortige Öffnung für Arbeitskräfte aus den östlichen Ländern und Merkel die Erhöhung der Einbürgerungen von Ausländern und erhöht die Mittel für Integrationskurse um 19 Millionen auf 175 Millionen € im Jahr.
Ich habe nichts gegen ausländische Mitbürger und achte diese. Ich frage mich aber, ob diese Äußerungen unserer zwei Politiker in einer Zeit des dramatischen Anstiegs der Arbeitslosigkeit/Kurzarbeitergeld mehr als realitätsfern zu bezeichnen sind.
Meine Frage an Sie: Denken Sie auch, dass mehr ausländische Arbeitskräte unsere gewaltigen wirtschaftlichen Probleme und daraus wachsenden anderen Problemen lösen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Angelika Hörner
Sehr geehrte Frau Hörner,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die von Ihnen angesprochene Öffnung des deutschen Arbeitsmarktes für Arbeitskräfte aus den östlichen EU-Staaten sollte man nicht vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskrise beurteilen, die strukturellen demografischen Probleme in unserer Gesellschaft bleiben auch während der Wirtschaftskrise bestehen.
Schon jetzt ist absehbar, dass sich das Verhältnis zwischen den Generationen verschieben wird - mit Folgen für unsere großen Sozialversicherungssysteme wie Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Richtig spürbar wird der demografische Wandel ab 2010, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegszeit Schritt für Schritt in den Ruhestand gehen. Herrscht heute noch in einigen Regionen Massenarbeitslosigkeit, wird es in wenigen Jahren schon einen Mangel an gut ausgebildeten Fachkräften geben, da immer weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten.
Als Sozialdemokraten sprechen uns für die Einführung eines Punktesystems für die Anwerbung von Hochqualifizierten und eine gesteuerte Engpasszuwanderung für andere Fachkräfte aus. Auch für gering Qualifizierte wird weiterhin ein Bedarf bestehen. So können Migrantinnen und Migranten durchaus ein Potenzial für eine Steigerung des Wirtschaftswachstums darstellen.
Wichtig ist aber, dass hohe arbeits- und sozialrechtliche Standards für die Migrantinnen und Migranten gelten müssen. Über Integrationsmaßnahmen und soziale Mindeststandards muss Ausbeutung verhindert werden. Denn wenn das Prinzip „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit am gleichen Ort“ durchgesetzt wird, kann Lohn- und Sozialdumping vermieden werden.
Mit freundlichen Grüßen
Detlef Müller, MdB