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Daniela Ludwig
CSU
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Frage von Gerhard K. •

Frage an Daniela Ludwig von Gerhard K. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrte Frau Raab,

die Nachrichten über Verkäufe von Immobiliendarlehen, die ordnungsgem. getilgt u. verzinst werden, loesen große Verunsicherung aus. Meines Erachtens sollten folgende Gedanken in ein Gesetzverbesserungs-Verfahren einfließen:

a) Die ursprüngliche Zweckerklärung (Sicherheitenvereinbarung im Zusammenhang mit der bestellten Grundschuld) ist Bestandteil der Darlehensvereinbarung und muss vom Käufer einer Darlehensforderung beachtet werden.

b) Bei einem zum großen Teil getilgten Darlehen sollte ein Teillöschungsanspruch der Grunschuld für den Darlehensnehmer gesetzlich verankert werden.

c) Das mgl. Verlangen des Darlehenskäufers auf Sicherheiten- verstärkung sollte gesetzlich ausgeschlossen werden.

d) Der beabsichtigte Darlehensverkauf muss dem Darlehens- nehmer mind. sechs Monate vor Verkauf mitgeteilt werden.

e) Bei einem beabsichtigten Verkauf des Darlehens muss dem Darlehensnehmer ein ausserordentliches Kündigungsrecht ohne Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung eingeräumt werden.

Ich freue mich über Ihre Stellungnahme zu meinen Vorschlägen.

Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Künzel
Bankfachwirt im Ruhestand.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Künzel,

vielen Dank für Ihre Frage bei Abgeordnetenwatch, die ich ähnlich mit meiner Antwort an Herrn Schmidt beantworten möchte.

Union und Bundesregierung beobachten weiterhin aufmerksam die von Ihnen angesprochenen Medienberichte. Richtig ist, dass Banken Forderungen aus Grundschulden und Hypothekenkrediten auch ohne Zustimmung des Kreditnehmers verkaufen dürfen. Das haben Bundesgerichtshof und Bundesverfassungsgericht erst kürzlich bestätigt.

Nicht richtig ist, dass Kreditkäufer die Forderungen in Höhe der Grundschuld ohne weiteres zwangsversteigern können – auch ohne Rücksicht darauf, ob der Kreditnehmer seine Zins- und Tilgungsverpflichtungen bisher pünktlich und vollständig erfüllt hat.

Die Medienberichte erwähnen eine angebliche Gesetzeslücke bei der so genannten „Sicherungsabrede“. Eine solche Gesetzeslücke gibt es jedoch *so* nicht. Um Ihnen dieses zu erläutern, muss ich Sie mit dem Recht der Immobilienfinanzierung etwas näher bekannt machen:

Wenn Banken Kredite zur Finanzierung einer Immobilie vergeben, verlangen sie zu deren Sicherung vom Kreditnehmer in der Regel die Bestellung einer Grundschuld; diese wird ins Grundbuch der Stadt oder Gemeinde eingetragen. Die Grundschuld wird in der Praxis durchweg höher angesetzt als die Kreditsumme, weil die Banken auch die Kosten absichern wollen, die ihnen entstehen würden, wenn der Kunde den Kredit später eventuell nicht zurückzahlen kann.

Durch seine Tilgungsleistungen trägt der Kreditkunde seine Kreditschuld nach und nach ab. Die Grundschuld bleibt dagegen in voller Höhe bestehen, sie erlischt erst, wenn der Kreditkunde diese – nach vollständiger Tilgung der Kreditschuld – auf Antrag und im Einvernehmen mit der Bank aus dem Grundbuch löschen lässt. Die Bank garantiert jedoch dem Kunden mit der oben erwähnten Sicherungsabrede, dass sie bei Nichteinhaltung des Kreditvertrages durch den Kunden (z.B. durch Zahlungsverzug) von der Grundschuld nur in Höhe des noch offenen Kreditbetrages Gebrauch machen wird.

Wenn die Bank nun einen durch Grundschuld gesicherten Kredit verkauft, verschlechtert sich die Rechtsposition des Kreditnehmers grundsätzlich nicht. Der Kreditvertrag wird so, wie er zwischen Kreditnehmer und der Bank vereinbart wurde, übernommen. In der Regel gehen die Käufer von Krediten auch die Verpflichtung ein, sich an die Sicherungsabrede zwischen Kreditnehmer und Bank zu halten. Nach unserer Kenntnis haben sich bisher alle Kreditkäufer stets und ausnahmslos so verhalten. In der Praxis ist es deshalb eigentlich ausgeschlossen, dass der Kreditkäufer eine Grundschuld in vollem Umfang zwangsvollstreckt, obwohl der Kredit pünktlich und vollständig mit Zins und Tilgung bedient wurde.

Hier gibt es jedoch eine _theoretische_ Gesetzeslücke, die bislang aber in der Praxis keine Bedeutung hatte. Danach können die Grundschuld als Grundpfandrecht und die Sicherungsabrede, in der sich die Tilgungen widerspiegeln, getrennt voneinander veräußert werden. Ein Kreditkäufer könnte somit isoliert die Grundschuld erwerben, die während der Darlehenslaufzeit konstant bleibt, und diese dann ohne Rücksicht auf die bislang geleisteten Tilgungen einfordern. Dafür müsste nicht einmal ein Vertragsverstoß des Kreditnehmers vorliegen. Zwar macht sich die Bank, die eine solche Trennung ermöglicht, nach Ansicht von Juristen schadensersatzpflichtig. Jedoch ist eine Zwangsvollstreckung in der Regel schneller abgeschlossen, als ein Gerichtsurteil auf Schadensersatz ergeht.

Um aber jeglichen Missbrauch von verkauften Krediten zuverlässig auszuschließen, drängt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion darauf, die oben beschriebene, theoretische Gesetzeslücke zu schließen. Außerdem fehlt es offenkundig an Transparenz bei Verkäufen von Kreditforderungen, insbesondere bei Verkäufen an Stellen außerhalb der EU. Dies gilt es zu verbessern.

Bereits am 19. September 2007 hat im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages ein Fachgespräch zum Verkauf von Kreditforderungen mit zahlreichen Experten aus der Wirtschaft und der Wissenschaft stattgefunden. Inzwischen hat die Bundesregierung ein „Risikobegrenzungsgesetz“ vorgeschlagen, dessen Entwurf der Deutsche Bundestag zurzeit berät. Dadurch sollen die Banken gesetzlich verpflichtet werden, Kreditnehmer besser und rechtzeitig zu informieren, wenn deren Kredite verkauft werden sollen bzw. dass Zinsbindungsfristen auslaufen und welche rechtlichen Folgen das haben kann. Auch ein Sonderkündigungsrecht bei Kreditverkauf und eine automatische Übertragung der Sicherheitsabrede auf den Kreditkäufer sind im Gespräch.

Außerdem könnten die Banken durch eine Selbstverpflichtung sicherstellen, dass das das Gebot der Fairness gegenüber den Kreditnehmern wieder besser eingehalten wird.

Wir erwägen ferner Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und im Zwangsvollstreckungsrecht. Damit könnten die - auch von Ihnen angesprochenen - Härten bei einer Zwangsvollstreckung von notleidenden Krediten durch Kreditkäufer gemildert werden.

Die genannten Maßnahmen wurden am 23. Januar 2008 bei einer Expertenanhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages erörtert. In den kommenden Wochen werden wir mit unserem Koalitionspartner SPD darüber sprechen.

Entscheidend ist für uns: Wir wollen die Rechte der Kreditnehmer stärken, ohne den volkswirtschaftlich unverzichtbaren Markt mit Krediten auf Grundschulden zu gefährden. Wir sind überzeugt davon, dass dies möglich ist und erwarten von der Kreditwirtschaft, dass diese sich an der Lösung konstruktiv beteiligt.

Die von Ihnen gemachten Vorschläge sind also bekannt und werden bei der Lösungsermittlung berücksichtigt.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Informationen helfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Daniela Raab; MdB

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