Sehr geehrte Frau Ludwig, kann ich davon ausgehen, dass Sie dem Verbotsantrag gegen die AfD zustimmen werden?
Die AfD ist in einigen Bundesländern gesichert Rechstextrem, hat einen Landesvorsitzenden Faschisten und spätestens ihr Auftritt in Thüringen hat gezeigt, dass diese Partei die Demokratie von Innen zerstören will. Setzen Sie sich für die Demokrarie ein und leiten ein Verbotsverfahren ein?
Vielen Dank für Ihre Mail.
Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Voraussetzungen für ein Parteiverbot sind mit Blick auf die AfD – zumindest derzeit – aller Voraussicht nach nicht erfüllt. Zwar führt das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD als Verdachtsfall auf Rechtsextremismus.
Die obergerichtliche Rechtsprechung hat diese Einschätzung bestätigt. Eine Einstufung als „Verdachtsfall“ ist aber nicht gleichzusetzen mit den – erheblich höheren – Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht an das Verbot einer politischen Partei stellt.
Wir gehen vielmehr davon aus, dass bei der AfD die Voraussetzungen eines Parteiverbots (noch) nicht erfüllt sind und die Verfassungsschutzämter nicht über hinreichendes Beweismaterial für ein Verbotsverfahren verfügen.
Ferner dauert das Verfahren zum Verbot einer politischen Partei– selbst im Erfolgsfall –mehrere Jahre. Bei der NPD hat es vier Jahre gedauert. Selbst für den unwahrscheinlichen Fall eines erfolgreichen Verbotsantrags könnte sich die AfD noch an der nächsten Bundestagswahl beteiligen und sich dabei als vermeintliche „Märtyrer“ inszenieren.
Darüber hinaus fehlt dem vorliegenden Gruppenantrag die erforderliche Tatsachengrundlage in Form einer umfassenden Materialsammlung. Eine solche könnte nur durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und die Landesämter für Verfassungsschutz erstellt werden - erst auf einer solchen Grundlage kann eine fundierte Entscheidung getroffen werden. Überdies verlangt das Bundesverfassungsgericht, vor Einleitung eines Verbotsverfahrens „strikte Staatsfreiheit“ gegenüber der betroffenen Partei herzustellen. Das bedeutet: Die Begründung eines Verbotsantrages darf nicht auf Beweismaterialien gestützt werden, deren Entstehung zumindest teilweise auf das Wirken von V-Leuten oder Verdeckten Ermittlern zurückzuführen ist. Eine entsprechende Garantie vermag allerdings nur die Bundesregierung respektive die Landesregierungen zu geben. Sie allein vermögen deshalb einen überzeugenden Beweisantrag zu erarbeiten.
Zudem müssen wir auch die möglichen Folgen eines Scheiterns des Verbotsantrags bedenken: Die AfD erhielte faktisch ein verfassungsgerichtliches „Gütesiegel“, eine verfassungsgemäße Partei zu sein – dieses Risiko einzugehen, halten wir für nicht vertretbar.
Schließlich gilt: Wir halten es für einen Trugschluss zu glauben, die Zustimmung zur AfD ließe sich „wegverbieten“. Die politischen Kräfte der demokratischen Mitte müssen die AfD stattdessen politisch und inhaltlich stellen.
Wir wollen keine Symptombehandlung, sondern Ursachenbekämpfung: Die drängenden politischen Probleme Deutschlands müssen gelöst werden, um dem in der Bevölkerung weit verbreiteten Frust gerecht zu werden.
Die CDU/CSU-Fraktion lehnt die Beteiligung an dem Gruppenantrag zur Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD daher ab.
Die politische und inhaltliche Auseinandersetzung ist der geeignete Weg, um die AfD zu stellen. Die Lösung liegt in der Bewältigung politischer und gesellschaftlicher Probleme, nicht im Versuch eines Verbots.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Ludwig