Frage an Daniela Ludwig von Michael S.
Guten Tag Frau Ludwig,
könnten Sie bitte kurz umschreiben bzw. erklären warum Sie für Schiedsgerichte sind?
Mir erschließt sich der Vorteil (für uns Europäer) daraus nicht.
Außerdem sehe ich enorme Kosten auf uns zu kommen, verursacht durch eben solche Schiedsgerichte.
Ich hoffe Sie können, meine hoffentlich unberechtigten Zweifel, zerstreuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Sedlmaier
Sehr geehrter Herr Sedlmaier,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu Schiedsgerichten im Rahmen des Freihandelsabkommens mit den USA (TTIP).
Die geplanten Regelungen zu Investor-Staat-Schiedsverfahren werden viel diskutiert und oftmals kritisch gesehen. In der Tat halten auch wir als CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag einen besonderen Investitionsschutz in den Beziehungen zwischen hochentwickelten Rechtsräumen – wie den USA und der EU – an sich nicht für zwingend erforderlich. Demgegenüber befürworten aber viele kleinere EU-Mitgliedsstaaten ebenso wie einige Vertreter aus dem deutschen Mittelstand und der Industrie ein solches System.
Hintergrund des Investitionsschutzes ist, Unternehmen, die im Ausland investieren wollen, zu garantieren, dass ihre Investitionen dort gerecht und gleichberechtigt mit den Investitionen der nationalen Unternehmen behandelt werden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, die sich keine eigene Rechtsabteilung leisten können, können hiervon profitieren. Deutschland hat Investitionsschutzregelungen vor rund 50 Jahren erfunden und hat bereits mit rund 130 Staaten sogenannte Investitionsförderungs- und -schutzverträge abgeschlossen, darunter auch mit anderen EU-Mitgliedern. Bisher hat es auf dieser Basis nur drei Klagen gegen Deutschland gegeben, von denen keine erfolgreich war. Die demokratischen Entscheidungsbefugnisse des Bundestages oder anderer europäischer Parlamente wurden in keinster Weise durch diese Abkommen tangiert.
Die EU-Kommission hat zum Thema Investitionsschutz und Schiedsverfahren bei TTIP im vergangenen Jahr eine breit angelegt öffentliche Konsultation durchgeführt. In diesem Rahmen konnten Bürger, Unternehmen und interessierte Gruppen auch ihre Haltung einbringen. Auf Basis der eingebrachten Positionen erarbeitet die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedsstaaten und dem Europäischen Parlament ihre Verhandlungsposition.
Wir als CSU-Landesgruppe sehen die laufenden Verhandlungen als eine Chance zur Fortentwicklung eines etablierten Instrumentes. Wenn wir bei TTIP neue, gute Regelungen finden, können diese als Vorbild agieren und auch in Abkommen mit rechtstaatlich weniger entwickelten Staaten einen angemessenen Schutz europäischer Unternehmen vor Diskriminierung und Willkür zu ermöglichen.
Die CSU-Landesgruppe setzt sich daher für einen materiell und prozessual grundlegend reformierten Investitionsschutz ein. Es muss dabei selbstverständlich sichergestellt sein, dass die demokratisch legitimierten Akteure nicht in ihrer Handlungs- und Gestaltungsfreiheit eingeschränkt werden, die Regulierungshoheit der Staaten unangetastet bleibt und die ordentliche Gerichtsbarkeit nicht untergraben wird. Durch Fortentwicklungen im Schiedsgerichtsverfahren können wir viele berechtigte Kritikpunkte berücksichtigen und zu echten Verbesserungen kommen: etwa durch größere Transparenz (z. B. durch Veröffentlichung der Schiedsurteile, Zugang zu Verhandlungen und die transparente Auswahl von Richtern), durch Berufungsmöglichkeiten oder Schutzmechanismen vor ungerechtfertigten Klagen. Das jüngst veröffentlichte Konzeptpapier der EU-Kommission geht hier schon in die richtige Richtung.
Allerdings liegt derzeit noch kein finaler Entwurf des Abkommens vor, sondern die EU-Kommission befindet sich noch in den Verhandlungen mit den amerikanischen Partnern. Sobald die Verhandlungen abgeschlossen sind, muss der Vertragstext noch von allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ratifiziert werden. In Deutschland wird der Bundestag über den finalen Vertragstext abstimmen. Ich kann Ihnen versichern, dass meine Entscheidung über den finalen Text davon abhängt, dass unsere hohen Standards, sei es im Arbeitsleben, beim Daten-, Umwelt- und Verbraucherschutz, bei der Daseinsvorsorge und bei der Gentechnik, ebenso wie unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Werte nicht beeinträchtigt werden.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Ludwig