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Claudia Tausend
SPD
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Frage von Eckhard M. •

Frage an Claudia Tausend von Eckhard M. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Tausend,

seit Jahren wird von allen etablierten Parteien Stimmung gemacht für eine Vergesellschaftung von Erziehung. Jetzt aber drohen Zwangsmaßnahmen.
Wir würden gerne unserere Kinder weiterhin selber erziehen, für die Gesellschaft hätten wir unsere Kinder gar nicht erst gezeugt.
Würden Sie dafür eintreten, daß nach wie vor zwei Jahre lang Bundeserziehungsgeld gezahlt wird und vielleicht sogar dafür, daß es auf drei Jahre verlängert wird (das Landeserziehungsgeld fürs dritte Lebensjahr wurde ja leider in Dauer und Höhe von der CSU-Landesregierung gekürzt)?
Würden Sie vielleicht sogar dafür eintreten, daß das Kindergeld erhöht wird (sodaß Eltern selbst entscheiden können, wie Sie Ihr Leben mit Kindern organisieren, ob sie ihre Kinder in Betreuungseinrichtungen abgeben wollen oder aber eben gerade nicht)?
Eine weitere Frage:
Vor einiger Zeit hat mich eine Debatte in den USA erschreckt. George W. Bush hatte durchgesetzt, daß eine besonders grausame Methode der Spätestabtreibung dort nicht mehr erlaubt ist, wo amerikanisches Bundesrecht gilt (das sind, glaube ich, im wesentlichen die Hauptstadt und die Flughäfen). Die Methode ist die folgende: Die Geburt wird eingeleitet, wenn dann das Köpfchen etwas herausschaut, aber das Kind noch nicht geatmet hat, also es eben rechtlich noch eine Abtreibung ist und nicht die Tötung eines Neugeborenen, wird das Kind dadurch getötet, daß mit einem spitzen Gegenstand ein Loch in die Schädeldecke gestoßen wird und das Gehirn abgesaugt wird. Was mich nun so erschreckt hat, ist der massenhafte Protest von "Liberalen", von "Frauenrechtlern" (jeweils m/w, versteht sich) gegen dieses Verbot.
Vor kurzem hat eine Brandenburgerin Deutschland damit erschreckt, daß sie ihre Kinder nach der Geburt getötet hat - aber, wo ist da der Unterschied zu den in Deutschland ebenfalls massenhaft durchgeführten Spätabtreibungen? In der DDR haben die Ärzte statt einer Spätabtreibung die Neugeborenen erstickt - und wo ist der Unterschied?
Man überlege sich auch, daß ein Ungeborenes, das eine Woche übertragen wurde, weiter entwickelt ist, als ein Neugeborenes, das eine Woche zu früh gekommen ist - doch das übertragene Ungeborene darf getötet werden.
Und was ist mit den Ärzten?
Einer Umfrage zufolge (leider kann ich Ihnen die Quelle nicht nennen, aber ich könnte sie ausfindig machen, wenn es Sie interessiert), haben die Ärzte, die Abtreibungen durchführen, mehrheitlich keine Zweifel, daß sie hier jedesmal einen Menschen töten, das heißt doch, daß diese Ärzte sich in Monstren verwandeln müssen, eine wahre Zeitbombe.
Haben Sie vor, etwas gegen die immer weiter fortschreitende Verrohung Deutschlands zu tun?
Zu berücksichtigen wäre auch, daß immer mehr Minderjährige durch die allgemeine Akzeptanz der Abtreibung - und dazu gehört die jetzige rechtliche Regelung - dazu gebracht werden, ungeborene Kinder töten zu lassen.
Frauen die eigene ungeborene Kinder haben töten lassen, haben signifikant häufiger schwere psychische Erkrankungen - diese Frauen leiden vielleicht ihr ganzes Leben an den Folgen. Wie kann man Kindern gestatten, so ihr Leben zu verpfuschen?
Geht dabei die Abtreibung nicht auch vorallem gegen Frauen? Handelt es sich nicht um eine Maßnahme, die Männer gegen Frauen durchführen?
Die Väter der ungeborenen Kinder und die männlichen Verwandten - stehen sie nicht oft im Hintergrund? Da die Frau abtreiben lassen darf, kann sie von männlichen Verwandten in viel offenerer Weise gedrängt werden.
Auch wenn wegen des Geschlechts des ungeborenen Kindes getötet wird, dann geht es immer gegen die Frauen. Das Kind wird getötet, weil es weiblich ist, nicht weil es männlich ist - wie Sie wissen, werden in den Ländern, in denen schon nach Geschlecht abgetrieben wird (und das wird wahrscheinlich bald überall kommen) häufig 50 Prozent (!!!) mehr männliche Kinder geboren (also 60 männliche stehen 40 weiblichen lebendgeborenen Kindern gegenüber)!
Heute werden tatsächlich so viele Kinder abgetrieben, daß damit alle Fortschritte in der Verringerung der Kindersterblichkeit vollständig ausgeglichen werden!
Die Wahrscheinlichkeit als gezeugter Mensch das Erwachsenenalter zu erreichen hat sich nicht erhöht, nur wird heute nicht mehr natürlich gestorben, sondern getötet.
Da heute alle etablierten Parteinen fast identische Programme haben und neue Parteien die 5-Prozent-Klausel im Bund niemals überwinden werden, ist es nicht mehr so besonders wichtig wählen zu gehen, aber bei den Direktkandidaten, da hat man noch eine echte Wahl.
Ich würde jeden Kandidaten, egal welcher Partei, wählen, der sich auch nur in einer dieser Fragen für eine Verbesserung einsetzen würde und in der jeweils anderen Frage gegen eine weitere Verschlechterung wenden würde.
Mit Dank und freundlichen Grüßen
Eckhard Mackh

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mackh,

ich habe mich schon etwas über Ihre Anfrage gewundert. Ich kann nicht erkennen, dass von Seiten einer - wie Sie es nennen - etablierten Partei, die Forderung nach einer Vergesellschaftung von Erziehungsaufgaben erhoben würde.

Was die SPD betrifft, so setzen wir uns seit Jahrzehnten dafür ein, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen wie auch für Männer zu verbessern und haben, um dieses Ziel zu erreichen, in mehreren Schritten das Kindergeld erhöht. Wir haben durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz neue Krippenplätze geschaffen und mit der Intiative Bildung und Betreuung das Ganztagesbetreuungsangebot ausgebaut, wei wir wissen, dass immer mehr Frauen auch einem Beruf nachgehen wollen. In den nächsten Jahren werden wir die Familienförderung weiter verbessern durch die Einführung eines einjährigen Elterngeldes in der Höhe von 67% des jeweiligen Nettoeinkommens.

Grundsätzlich treten wir als SPD für die Selbstbstimmung, Selbstentfaltung und Emanzipation des Individuums ein - und dieser Grundsatz umfaßt gerade auch Frauen. Wir sind nicht der Ansicht, dass die naturgegebene Rolle der Frau allein in Kindererziehungsaufgaben besteht, sondern wollen Frauen die Möglichkeit eröffnen, ihr Leben nach Ihren eigenen Vorstellungen zu entwerfen - mit oder ohne Mann, mit oder ohne Kind. Das Klischee einer Alternative zwischen treusorgender Mutter auf der einen Seite und karrieresüchtiger, kinderloser Emanze auf der anderen Seite habe ich seit vielen Jahren -.wenn nicht schon Jahrzehnten - überwunden geglaubt. Entscheidend in einer modernen Gesellschaft ist die finanziell und rechtlich abgesicherte Möglickeit zwischen unterschiedlichen Lebensentwürfen frei entscheiden zu können.

Im übrigen: Zum Selbstbestimmungsrecht der Frau zählt auch die politisch gewollte und rechtlich bestätigte Ausgestaltung des § 218. Die reißerischen Beispiele, die Sie anführen, um die Abtreibungsthematik generell in eine bestimmte Ecke zu stellen, halte ich für unangemessen und ich möchte auch nicht näher darauf eingehen.

Mit freundlichen Grüßen,
Claudia Tausend

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