Frage an Claudia Tausend von Alexander H. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Liebe Frau Tausend,
wie positioniert sich die SPD bei der Frage der Bewältigung der finanziellen Belastungen aus der Corona Pandemie? Wir können das nicht den jungen Generation zumuten. Diese hat schon genug Lasten durch Ressourcenknappheit, Umweltbelastung, Klimawandel und Bodenspekulation zu tragen. In den letzten Jahrzehnten gingen die Produktivitätssteigerungen vor allem zu Gunsten der Wohlhabenden. Diese müssen nun einen höheren Beitrag zur Stabilisierung des Gemeinwohls leisten. Freiwillig wird das nicht passieren, wir kommen nicht an staatlich organisierter Umverteilung vorbei.
Das heißt:
- Wiedereinführung einer Vermögenssteuer
- Überarbeitung der Finanztransaktionssteuer: Sie muss FÜR ALLE Finanzprodukte gelten (gerade die gemeinwohlschädlichsten hochspekulativen Produkte wie Derivate und Intraday Handel mit denen z.B. gegen ganze Staaten spekuliert wird).
- Reform der Erbschaftssteuer: In der Vergangenheit akkumulierte Vermögen müssen konsequent besteuert werden einschl. Betriebsvermögen. Freibeträge reduziert, Ausnahmen abgeschafft werden.
- Gewinne der (Tec)Konzerne müssen dort besteuert werden wo sie generiert werden
- Steuerhinterziehung muss konsequenter bekämpft werden, Steuerbehörden entsprechend personell ausgestattet werden
-Geldwäsche muss erschwert werden. Notare müssen bei Immobilienkäufen klären woher das Geld kommt. Ein Abgleich mit den Steuerbehörden muss erfolgen
Neben der Bewältigung der finanziellen Folgekosten aus der Pandemie müssen die Mittel daraus in Zukunftsprojekte zur Sicherstellung wichtiger, Demokratiestärkender Themen fließen:
- Bildungsgerechtigkeit
- Klimaneutralität
- Senkung von Wohnkosten
- Umbau der Städte und von Infrastrukturen hin zu mehr Gemeinschaft und Nachhaltigkeit
Wenn hierzu eine Willen bei der SPD erkennbar wäre, könnte ich die SPD wieder wählen und mir sogar vorstellen in die Partei einzutreten. Die SPD und ihre historischen Wurzeln biete viele Vorlagen und Lösungen
Sehr geehrter Herr Heinze,
Ihre Vorschläge decken sich in weiten Teilen mit den Forderungen der SPD in unserem Zukunftsprogramm. Lassen Sie mich auf die einzelnen, von Ihnen angesprochenen Punkte eingehen:
Wir wollen die Vermögensteuer wieder in Kraft setzen. Wer über sehr viel Vermögen verfügt, kann und soll einen größeren Beitrag zur Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten - insbesondere nach den großen Lasten der Pandemiebewältigung. Deshalb wollen wir unter anderem einen maßvollen, einheitlichen Steuersatz von einem Prozent für sehr hohe Vermögen einführen. Gleichzeitig wird es hohe persönliche Freibeträge geben, so dass sich die Steuerbelastung auf besonders vermögende Teile der Bevölkerung konzentriert. Wir stellen sicher, dass mit der Vermögenssteuer keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Die Grundlage von Betrieben wird bei der Vermögenssteuer verschont.
Die Finanztransaktionssteuer ist ein Projekt, das wir Sozialdemokraten seit langem einführen wollen, am besten gemeinsam mit unseren europäischen Partnern. Bei der von Ihnen geforderten gerechten Besteuerung der großen Tech-Konzerne hat Olaf Scholz vor kurzem einen historischen Erfolg errungen und gemeinsam mit internationalen Partnern eine globale Mindestbesteuerung verhandeln können - ein Projekt, dem er sich jahrelang mit langem Atem gewidmet hat. Diese von uns Sozialdemokraten maßgeblich mit unterstützten internationalen
Verhandlungen zur Einführung einer effektiven Mindestbesteuerung und einer fairen Besteuerung so genannter Digitalunternehmen wollen wir zum Abschluss bringen und in Deutschland und Europa umsetzen. Google, Amazon, Facebook und andere große Digitalunternehmen müssen einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten.
Ich stimme Ihnen auch bei der Erbschaftssteuer zu: Sie ist in ihrer gegenwärtigen Form ungerecht, da sie vermögende Unternehmenserben bevorzugt. Mit einer effektiven Mindestbesteuerung wollen wir die Überprivilegierung großer Betriebsvermögen abschaffen. Auch für vermögenshaltende Familienstiftungen werden wir eine Mindestbesteuerung einführen.
Auch bei unserer Position zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung sind wir einer Meinung. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Gegen Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und Steuerbetrug werden wir konsequent vorgehen. Wir haben grenzüberschreitende Steuergestaltungsmodelle der Anzeigepflicht unterworfen und werden eine nationale Anzeigepflicht einführen. Wir werden die Umgehung der Grunderwerbsteuer (Share Deals) beenden. Der Umsatzsteuerbetrug bei Karussellgeschäften auf europäischer Ebene muss beendet werden. Die öffentliche Transparenz ist ein gutes Mittel, um Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Wir werden Steuervermeidung mit einem öffentlichen Reporting großer, international agierender Unternehmen eindämmen (Public Country-by-Country Reporting).
Auch wofür wir diese Gelder verwenden wollen, deckt sich mit Ihren Forderungen. Schauen Sie doch mal in unser Zukunftsprogramm (https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/SPD-Zukunftsprogramm.pdf ), da haben wir die vier großen Zukunftsmissionen aufgelistet, die wir anpacken wollen. Es reicht nicht, immer nur an ein paar Rädchen zu drehen, wenn wir der Welt von morgen unseren Wohlstand sichern, erhalten und ausbauen und zugleich das Klima und die Umwelt schützen wollen.
Für mich klingen Ihre Wertvorstellungen und Forderungen sehr sozialdemokratisch, Herr Heinze - falls Sie sich dafür entscheiden, sich bei uns einbringen zu wollen, sind Sie jederzeit herzlich willkommen!
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend, MdB