Frage an Claudia Tausend von Rudolf F. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Tausend
Alle Sport- und Privatpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen.
Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Globalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?
Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit Terrorismus nicht das Geringste zu tun haben?
Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?
Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging.
Es gab jedoch leider viele Autofahrer (siehe tägliche Irakmeldungen) und Rucksackträger (siehe Anschläge in London), die solche Anschläge ausgeführt haben!
Warum werden nicht alle Führerscheininhaber und Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel zu gläsernern Bürgern gemacht, sondern ausgerechnet eine harmlose Minderheit, die Ihr bürgerliches Verantwortungsbewußtsein in gemeinnützigen Vereinen tagtäglich beweist?
Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit noch gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?
Nicht einmal in den USA werden reine Privatpiloten auf solche entwürdigende Weise überprüft. Übrigens auch keine Ausländer die mit USA - Lizenz fliegen!
mit freundlichen Grüßen
Rudolf Falkenstein
Sehr geehrter Herr Falkenstein,
es stellt sich nach den Anschlägen des 11. September und den folgenden Attentaten in Madrid und London sehr wohl die Frage der verstärkten Terrorabwehr. Dies entspricht auch den Wünschen der Mehrheit unserer Bevölkerung nach mehr Sicherheit und Gefahrenbekämpfung. Dieses elementare Bedürfnis darf man nicht vom Tisch wischen.
Dennoch stellt sich vermehrt die Frage nach einer augewogenen Balance zwischen dem Bedürfnis nach kollektiver Sicherheit auf der einen Seite und der Wahrung individueller bürgerlicher Freiheitsrechte auf der anderen Seite. Hier scheint mir das Pendel derzeit nur in eine Richtung auszuschwenken. Nicht umsonst hat sich das Bundesverfassungsgericht in der letzten Zeit veranlaßt gesehen, eine Reihe von Gesetzesvorhaben auf Bundes- wie auf Länderebene, insbesondere im Bereich der Prävention - worauf sich auch Ihre konkrete Frage bezieht - zugunsten der bürgerlichen Freiheitsrechte zu korrigieren.
Ich stimme Ihnen zu, dass ein Generalverdacht gegenüber einer bestimmten (Berufs)-gruppe und die Aufhebung der Unschuldsvermutung als grundlegender Säule unserer Rechtordnung mit unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Ob die Notwendigkeit des von Ihnen angeführten Nachweises einer Zuverlässigkeitsüberprüfung nach dem Luftsicherheitsgesetz eine so erhebliche Einschränkung darstellt wie von Ihnen angeführt, kann ich nicht bewerten.
Ich bitte Sie daher, die Fachmeinung eines gewählten Bundestagsabgeordneten aus dem Innen- oder Verteidigungsausschuss einzuholen, da sich dieser Personenkreis sicher intensiv mit den von Ihnen angesprochenn Fragen auseinandergesetzt hat.
Mit freundlichen Grüßen,
Claudia Tausend