Frage an Claudia Tausend von Heike S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Tausend,
Bildung soll kostenlos sein, die Studiengebühren sind inzwischen abgeschafft. Also können alle auf Kosten der deutschen Steuerzahler studieren, egal wie lang, egal wie viele Studienrichtungen. Aber nicht wenige Absolventen drehen Deutschland nach dem Studium den Rücken zu, um in anderen Ländern mit weniger Steuerbelastungen zu arbeiten, Gravierend ist für mich zB die Fluktuation bei den Medizinern.
Daher meine Frage:
Kann man das kostenlose Studium nicht auch mit der Verpflichtung des Studierenden verbinden, dass nach dem Studium 7 Jahre in Deutschland gearbeitet werden muss, um zumindest einen Teil der Kosten in Form von Steuern dem deutschen Staat wieder zurück zu geben?
Mit freundlichen Grüßen
H. S.
Sehr geehrte Frau S.,
der Zugang zu kostenfreier Bildung für alle ist eine der größten Errungenschaften der Sozialdemokratie. Ganz egal ob Schule, Universität, Berufsschule oder Ausbildung - zur Chancengerechtigkeit gehört, dass es nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf, welchen Ausbildungsweg man einschlägt.
Selbstverständlich haben Universitäten dabei Beschränkungen für die Höchststudiendauer und auch spezielle Bewerbungsverfahren bei Zweitstudien.
Das Problem eines sogenannten "Brain Drain" aus Deutschland, das Sie beschreiben, sehe ich nicht. Tatsächlich ist es genau andersherum: Viele Menschen aus anderen EU-Staaten arbeiten aufgrund der hohen Nachfrage nach ihren Universitätsabschlüssen in ihren Heimatländern bei uns in Deutschland. Die allermeisten deutschen Absolventen arbeiten danach in Deutschland und sorgen dafür, dass unsere Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben. Investitionen in unsere Universitäten und in höheres Bafög sind gut angelegtes Geld: Unseren Wohlstand können wir in einer Wissensgesellschaft nur bewahren und ausbauen, indem wir möglichst viele junge Menschen qualifizieren. Diese ermöglichen durch ihre Steuern dann wiederum der nachfolgenden Generation die Möglichkeit auf eine herkunftsunabhängige Ausbildung.
Ihren Vorschlag, massiv in den Lebenslauf von Absolventen einzugreifen und ihnen vorzuschreiben, wann sie wo zu arbeiten haben, halte ich für keine gute Idee. Viele der von Ihnen angesprochenen Mediziner, die ins Ausland gehen, wollen beispielsweise in den skandinavischen Staaten Fuß fassen. Grund ist auch eine dort bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in diesen Ländern, bessere Versorgung durch Kita-Plätze usw. Ich halte es für zielführender, hier anzusetzen und Deutschland attraktiver für junge Berufsabsolventen und verschiedene Lebensentwürfe zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend