Frage an Claudia Tausend von Jay S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Tausend,
wie beurteilen Sie die Handelsabkommen die die EU mit Australien, Japan und Neuseeland verhandelt? Sind bei den jeweiligen Abkommen die privaten Investorengerichte enthalten oder hinausverhandelt? Ist das Vorsichtigeitsprinzip enthalten?
Ich persönliche habe nichts gegen die drei Länder und habe grundsätzlich nichts gegen Handelsabkommen. Aber entscheidend ist der Inhalt und die Bedingungen und unsere Werte sollten wir nicht aufgeben.
Vielen Dank im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
S.
Sehr geehrter Herr S.,
grundsätzlich gilt für mich bei allen Handels-, Investitions und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen Regeln für die verbindliche Einhaltung und Umsetzung menschenrechtlicher, ökologischer, verbraucherpolitischer und sozialer Standards wie der ILO-Kernarbeitsnormen mit konkreten Beschwerde-, Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen zu vereinbaren. Private Schiedsgerichte sind ein Ding der Vergangenheit, die in einem modernen Abkommen nichts verloren haben.
Bei den von Ihnen angesprochenen drei Abkommen ist der Stand der Verhandlungen sehr unterschiedlich:
Die Verhandlungen zwischen Japan und der EU-Kommission laufen seit 2013 und sollen bis Ende diesen Jahres abgeschlossen sein. Unklare Punkte gibt es noch bei einigen Bereichen, etwa im Agrarsektor oder der Automobilbranche. Wir werden im Bundestag von der Bundesregierung über die Verhandlungen informiert. Das von Ihnen angesprochene Vorsorgeprinzip ist ja im EU-Primärrecht verankert und kann über einen völkerrechtlichen Vertrag nicht ausgehebelt werden. Uns ist trotzdem wichtig, dass das Abkommen mit sämtlichen geltenden EU-Rechtsvorschriften über die Lebensmittelsicherheit im Einklang steht, einschließlich des Vorsorgeprinzips. Wir werden auch prüfen, dass in dem Abkommen das Recht der EU und ihrer Mitgliedstaaten gewahrt wird, auf Grundlage des Vorsorgeprinzips regelnd tätig werden zu können. Soweit ich weiß, wurde die Frage der Streitbeilegung in den Verhandlungen bisher noch nicht abschließend geklärt. Eines ist aber klar: Privaten Schiedsgerichten wird die SPD niemals zustimmen. Die EU-Kommission setzt sich daher auch für einen Handelsgerichtshof ein - ein Konzept, das von sozialdemokratischen Handelsministern der EU entwickelt wurde und das undurchsichtige bisherige System ablösen soll: Dazu gehört unter anderem ein transparentes Investitionsgericht mit öffentlich ernannten Richtern und Berufungsmechanismus. Wichtig ist auch, dass der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gewahrt bleibt. Investoren dürfen keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen legitimer Maßnahmen im öffentlichen Interesse erhalten. Wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind und uns das vorläufige Abkommen zugeht, werden wir es kritisch prüfen und unsere Zustimmung davon abhängig machen, ob unsere während der Verhandlungen geäußerten Forderungen erfüllt sind.
Handelsabkommen mit Australien und Neuseeland begrüße ich im Grundsatz. Bisher hat die EU-Kommission noch kein Mandat für Verhandlungen mit den beiden Ländern, diese werden wohl bis Ende des Jahres vorliegen. Wichtig ist mir, dass die Verhandlungen transparent geführt werden - was schon damit anfängt, das Verhandlungsmandat unmittelbar nach Beginn der Verhandlungen zu veröffentlichen. Wenn wir diese Abkommen nutzen, um nicht nur unseren Wohlstand zu wahren und Arbeitsplätze zu sichern, sondern auch global geltende faire Regeln für die Globalisierung schaffen und langfristig einen multilateralen Handelsgerichtshof etablieren, stärkt dies auch einen fairen Welthandel - insbesondere in Zeiten, in denen manche zurück zu selektiver Abschottungspolitik und dem Recht des Stärkeren in Handelsfragen wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend