Frage an Claudia Tausend von Moritz L.
Sehr geehrte Frau Tausend,
ich wohne in Ihrem Wahlkreis und fühle mich daher bei Ihnen an der richtigen Adresse. Ich bin wegen der Durchsetzung von CETA linksaktiv geworden. Der Wirtschaftsminister der SPD Gabriel führt einen unglaublichen Eiertanz auf um der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Eine sozialdemokratische Partei wie es die SPD einst war kann doch nicht so einem Lobbyistenprojekt auch noch zustimmen. Warum distanzieren Sie sich nicht öffentlich von Herrn Gabriel und der fortgesetzten SPD-Politik? Meine ganze Familie hat einst SPD gewählt. Nun leider nicht mehr..
Sehr geehrter Herr Lindenthal,
die SPD hat CETA von Anfang an kritisch begleitet und konnte viele Verbesserungen im Abkommen durchsetzen, die zu Beginn des Prozesses nicht möglich schienen und an denen sich die meiste Kritik entzündet hat. So konnten wir die ursprünglich vorgesehenen privaten Schiedsgerichte verhindern und dafür sorgen, dass diese auch in zukünftigen EU-Abkommen nicht mehr auftauchen. Stattdessen werden nun unabhängige, unparteiische öffentlich-rechtliche Gerichtshöfe mit Revisionsinstanz über Investitionsstreitigkeiten entscheiden. Unser langfristiges Ziel ist die Einrichtung eines internationalen Handelsgerichtshofes.
Außerdem konnten wir durchsetzen, dass vom Vorsorgeprinzip der Europäischen Union im Rahmen des CETA-Abkommens in keiner Weise abgewichen werden darf. Durch CETA werden weder mit künstlichen Hormonen erzeugtes Rindfleisch, noch gentechnisch veränderte Produkte Einzug in die EU halten.
Auch die Arbeitnehmerrechte konnten wir im Abkommen verankern. Kanada hat als Vertragspartner der EU mittlerweile die grundlegenden ILO-Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert. Auch darf das Arbeitsrecht durch das Abkommen nicht gelockert werden.
Nach der nun erfolgten Zustimmung durch das Europäische Parlament steht im nächsten Schritt die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente an, welche mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann. Erst wenn neben Kanada auch alle EU-Mitgliedsstaaten CETA ratifiziert haben, kann es vollständig in Kraft treten. Bis dahin sind die in nationaler Zuständigkeit liegenden Teile ausgesetzt. Dazu gehört auch der multilaterale Investitionsgerichtshof. Hier bleibt Raum, das neue Instrument weiterzuentwickeln und gegebenenfalls zu verbessern.
Im Gegensatz zu den TTIP-Verhandlungen hatten wir bei CETA einen offenen Verhandlungspartner, mit dem wir viele sozialdemokratische Forderungen erreichen können. Für uns ist es wichtig, dass die Globalisierung faire Regeln erhält, und im Angesicht einer gelähmten WTO muss dies über bi- und multilaterale Abkommen erfolgen. Hinter das bei CETA erreichte sollte man nicht mehr zurückfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend