Frage an Claudia Tausend von Oliver W.
Sehr geehrte Frau Tausendfreund,
glauben Sie, dass Sie mit Ihren Entscheidungen gegen ein Fracking-Verbot und für Glyphosat-Zulassungs-Verlängerung eine Alternative zur CSU sind? Glauben Sie, dass Sie damit z.B. beim Thema TTIP (vor dem SPD-Parteitag hatten wir da persönliche Diskussionen) an Glaubwürdigkeit gewonnen haben? Gibt es irgendeine Grund, warum Sie bei der nächsten wichtigen Abstimmung nicht wieder im Sinn von Herrn Gabriel, gegen die Interessen der Menschen, für die sie im Parlament, abstimmen sollten?
Frau Tausendfreund, wundern Sie sich über das aktuelle Umfragetief der SPD?
Mit doch etwas enttäuschten Grüßen
Oliver Wittig
Sehr geehrter Herr Wittig,
diese beiden Abstimmungen waren relativ plumpe Manöver der Grünen und Linken, die mit eigentlicher parlamentarischer Arbeit nichts zu tun haben. Bei beiden Vorgängen wurde eine namentliche Abstimmung beantragt, aber ausdrücklich auf eine Aussprache verzichtet. Ohne eine öffentliche Debatte kann man aber solche wichtigen Themen wie Fracking oder Glyphosat nicht angemessen behandeln, die Abstimmung wird zu einem Wahlkampf-Gag.
Nun zuerst zur Glyphosat-Abstimmung: Es ging bei der Abstimmung nicht darum, der Wiederzulassung von Glyphosat zuzustimmen, sondern es wurde lediglich der aktuelle Stand des europäischen Zulassungsverfahrens von Glyphosat diskutiert. Dieses Verfahren sieht vor, dass zuerst die EU-Mitgliedsstaaten entscheiden, ob es zu einer erneuten Zulassung kommen wird. Sollten diese zu keiner Einigung kommen, könnte auch die EU-Kommission im Alleingang die Zulassung verlängern. Wir als SPD-Bundestagsfraktion fordern in einem Positionspapier zu Glyphosat ein Verbot für die Anwendung von glyphosathaltigen Herbiziden in Haus- und Kleingärten sowie im kommunalen Bereich. Bei der privaten Nutzung ist die Gefahr durch Fehlanwendung und Überdosierungen am größten. Darüber hinaus wollen wir verhindern, dass auf Spielplätzen und in öffentlichen Gärten Glyphosat gespritzt wird.
Bei der Abstimmung zum Fracking-Antrag der Grünen, bei dem auch keine Debatte beantragt war, ist es ähnlich: Meine Ablehnung bezog sich nur auf den vorliegenden Antrag, den ich unzureichend fand - ich bin aber auch gegen Fracking wie in den USA. Die Koalitionsfraktionen arbeiten seit längerem an einem Gesetzentwurf zu Fracking. Der Entwurf der Grünen beinhaltete viele Regelungslücken und ließ dadurch viele sehr wichtige Fragen offen. So fehlte im Gesetzentwurf der Grünen etwa eine Beweislastumkehr bei Erdbeben, zusätzliche Vetorechte für Kommunen, zusätzliche Transparenzpflichten ebenso wie Mitwirkungsrechte von Umweltverbänden. Wir wollen ein Gesetz, das die Umweltstandards für die bereits vorhandene Erdgasförderung verschärft. Wir wollen klare Regelungen und Rechtssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, für Behörden und für Unternehmen schaffen. Fracking von Schiefer- und Kohleflözgas halten wir grundsätzlich für nicht verantwortbar, da die Risiken für Mensch und Umwelt die potenziellen wirtschaftlichen Chancen überwiegen.
Die Große Koalition hat auf Grundlage von Gesetzentwürfen aus dem Bundesumweltministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium bereits zahlreiche Verbesserungen vereinbaren können. Wir setzen nunmehr auf die Einigungsfähigkeit innerhalb der Großen Koalition und erwarten vom Koalitionspartner, das Regelungspaket zügig mit uns zusammen umzusetzen. Würde es nicht verabschiedet, bestünde die Gefahr, dass die derzeit auf Eis liegenden Anträge der Unternehmen neu gestellt werden. Einen Schutz gibt es dann allein in Wasserschutzgebieten in den Kernzonen, nicht aber den notwendigen weitergehenden Schutz der Oberflächengewässer oder auch des Wassers für Lebensmittel und Mineralquellen. Zudem wollen wir mit dem Gesetz eine Beweislastumkehr bei Bergschäden aufgrund von Erdbeben einführen, die durch konventionelle Erdgasförderung hervorgerufen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend