Frage an Claudia Tausend von Omid M.
Sehr geehrte Frau Tausend,
im Sommer droht die nächste Abstimmung zu weiteren Hilfszahlungen (Kredite will ich das nicht mehr nennen) für Griechenland.
Bei der letzten Abstimmung stimmten sie, wenn ich das richtig sehe, mit "JA" - also für weitere Zahlungen an Griechenland.
Wenn ich mir ansehe, was in den letzten Wochen, als "Dank", dafür aus Griechenland gekommen ist, klingt das nach blankem Hohn: Herr Varoufakis zeigt Deutschland den Mittelfinger, Herr Tsipras stellt Forderungen nach Reparationen für längst geregelte Angelegenheiten und Herr Kammenos droht Berlin mit 500.000 Flüchtlingen zu überfluten.
Ich will Ihnen hiermit unmissverständlich zu verstehen geben, dass, sollten sie im Sommer erneut mit "JA" stimmen, dies nicht in meinem Interesse ist und sie bei der nächsten Wahl nicht mehr mit meiner Stimme rechnen können.
Besonders die dreiste Forderung der Griechen nach Reparationen stößt mir sauer auf, denn ich habe mit den Verbrechen der Wehrmacht überhaupt nichts zu tun (meine Eltern sind beide nicht in Deutschland geboren). Ich bin zwar in Deutschland geboren, lasse mich deswegen aber nicht pauschal als Nazi beschimpfen!
Unverständlich finde ich, wie Frau Gesine Schwan (SPD) sich für die Zahlung von Reparationen an Griechenland einsetzen kann. Zu diesem Punkt würde mich Ihre Meinung interessieren.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Mecdiz,
Sie haben mich um meine Meinung zu Reparationszahlungen an Griechenland zu NS-Verbrechen aus dem Zweiten Weltkrieg gebeten.
Zuerst muss ich klar stellen, dass die Reparationsfrage mit den laufenden Verhandlungen über Kredithilfen an Griechenland rein gar nichts zu tun hat. Eine Vermischung dieser Themen, wie sie augenscheinlich von Vertretern der griechischen Regierung vorgenommen wurde - so lese ich das zumindest in der Presse - halte ich nicht nur für falsch, sondern auch politisch für unklug.
Meines Wissens nach ist die Reparationsfrage seit den 60er Jahren juristisch abgeschlossen. Die immens hohe Summe, die von Teilen der griechischen Regierung als Reparation gefordert wurde, halte ich für nicht haltbar. Was wir aber in Deutschland nicht können, ist moralisch einen Schlussstrich unter die Debatte über unsere Verantwortung aus dem Zweiten Weltkrieg ziehen. Deutschland hat in Griechenland im Zweiten Weltkrieg furchtbares Unrecht begangen. Wenn in Griechenland Opfer von Nazi-Verbrechen keine individuelle Entschädigung für ihr erlittenes Leid erhalten haben, sollten wir dies prüfen, diese Verbrechen aufarbeiten und gegebenenfalls auch unsere Verantwortung wahrnehmen. All dies darf aber nicht mit der aktuellen Debatte um die Eurokrise verknüpft werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Claudia Tausend