Frage an Claudia Tausend von Marcus K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Tausend,
nach jahrelangen Verhandlungen zum Handelsabkommen CETA zwischen Kanada und der Europäischen Union , die von der Öffentlichkeit nicht beobachtbar und schon gar nicht beeinflussbar waren und zwischen nicht namentlich bekannten Vertretern geführt wurden, sind diese laut Medienberichten abgeschlossen.
Die Bundesregeierung ging am 06.08.14 in Person von Wirtschaftsminster Gabriel davon aus, dass die Parlamente der Mitgliedsstaaten der EU dem Handelsabkommen zustimmen müssen. Wird der Bundestag dem Handelsabkommen zustimmen müssen?
Zum gleichen Zeitpunkt lehnte die Bundesregierung das Handelsabkommen ab, sofern darin die Investorenschutzklauseln enthalten sein werden. Im mittlerweile öffentlich zugänglichen Entwurf sind die Investorenschutzklauseln enthalten.
Lehnt die Bundesregierung daher - wie angekündigt - das Handelsabkommen ab?
Halten Sie die Rechtssysteme der EU und Kanadas für so unterentwickelt, dass diese Investorenschutzklauseln notwendig sind?
Halten Sie es mit demokratischen Prinzipien (speziell dem der Gewaltenteilung und dem Volk als Souverän) vereinbar, wenn der deutsche Staat und damit ich vor nicht öffentlich tagenden, privat organisierten Schiedsgerichten ohne Möglichkeit der Revision zu Schadensersatzzahlungen verurteilt werden (wie sie z.B. Vattenfall derzeit gegen den deutschen und Philipp Morris gegen den australischen Staat angestrengen)?
Ist aus Ihrer Sicht in dem momentanen Entwurf gewährleistet, dass der deutsche Staat Gesetze gegen Gentechnik und Fracking verabschieden kann, ohne von kanadischen Firmen angeklagt werden zu können? Wie sieht es mit der Privatisierung von Dienstleistungen (z.B. der Wasserversorgung) aus - kann diese aufgrund des Handelsabkommens eingeklagt werden?
Halten Sie es für notwendig, dass der Bundestag über das Handelsabkommen abstimmt? Falls ja, würden Sie dem derzeit vorliegenden Entwurf zustimmen (ja/nein)?
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Marcus Kaiser
Sehr geehrter Herr Kaiser,
wir gehen davon aus, dass CETA ein gemischtes Abkommen ist und somit in den nationalen Parlamenten ratifiziert werden muss. Dies entspricht auch der Position der Bundesregierung sowie der anderen EU-Mitgliedstaaten. Auch EU-Handelskommissarin Malström hat in der Presse vermutet, dass CETA als gemischtes Abkommen gilt. Derzeit ist der Verhandlungstext in der Rechtsförmlichkeitsprüfung, die frühestens im Frühjahr 2015 abgeschlossen sein wird. Danach folgt die Übersetzung in die 24 Amtssprachen der EU bis Ende Sommer 2015, somit kommt CETA erst im Herbst in den Rat. Danach erfolgt das Zustimmungsverfahren im Europäischen Parlament. Bei einem gemischten Abkommen wird das Ratifizierungsverfahren in den Mitgliedstaaten erfahrungsgemäß weitere zwei Jahre in Anspruch nehmen.
Ich sehe im derzeitigen Entwurf keine Möglichkeit, gegen Gesetze zum Verbot von Fracking oder Gentechnik erfolgreich klagen zu können. Die SPD hat sich gegen geheim tagende private Schiedsgerichte, die Entscheidungen ohne Berufungsmöglichkeiten fällt, ausgesprochen. Wie oben beschrieben, steht der Verhandlungstext noch lange nicht zur Abstimmung, Änderungen am Vertragsinhalt sind möglich und werden derzeit von den Vertretern der Bundesregierung verhandelt. Mein Abstimmungsverhalten wird sich am endgültigen Vertragstext ausrichten, der dem Bundestag zugeleitet wird.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Tausend, MdB