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Clara Bünger
DIE LINKE
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Frage von Reinhard G. •

Ohne Beteiligung des Bundestages hat die Nato beschlossen, Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Wie souverän ist unser Land in dieser wichtigen Frage?

Durch den INF-Vertrag wurde von 1987 bis 2019 die Stationierung von Mittelstreckenraketen verboten. Wie viele hiervon gibt es zur Zeit in Europa und in Russland? Führen solche Stationierungen nicht dazu, dass künftig viel mehr Raketen auf uns gerichtet werden – und damit zu weniger Sicherheit?Welche Aussagen trifft ihr Parteiprogramm zu Raketen und Atomwaffen?Können Deutschland und andere kleinere Nato-Staaten solchen Stationierungen widersprechen – oder müsste dafür der Nato-Vertrag geändert werden?Sind die Lehren aus der Kubakrise 1962 heute in Vergessenheit geraten? Als damals sowjetische
Atomraketen auf Kuba stationiert werden sollten, kam es fast zu einem atomaren Weltkrieg. In den 1980igern hat die Friedensbewegung mit vielen guten Argumenten gegen die Stationierung von Raketen protestiert. Sprechen die gleichen Argumente nicht auch heute gegen eine Aufrüstung? Auch später wurden in verschiedenen Wahlprogrammen eine Abrüstung gefordert.Wie denken Sie darüber?
MfG

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr G.

vielen Dank für Ihre Fragen. Ich antworte im Folgenden jeweils einzeln dazu.

Die Entscheidung der Stationierung von US-Mittelstreckenraketen war eine gemeinsame Entscheidung der deutschen und der US-amerikanischen Regierung. Die NATO spielte in dieser Frage keine Rolle. Der Bundestag wurde vorab nicht gefragt, doch die Gruppe Die Linke im Bundestag hat einen Antrag geschrieben, den Beschluss zurückzunehmen und ausführlich im Bundestag drüber zu diskutieren.

Bisher gibt es in Westeuropa keine Waffen, die gegen den INF-Vertrag verstoßen hätten. Seit 2017 hat die russische Armee den 9M729-Marschflugkörper, von welchem die US-Regierung behauptet, dass dieser die INF-Vertragsregeln verletzen würde. Ob das stimmt, ist noch nicht klar. Da INF-widrige Marschflugkörper Enthauptungsschläge machen können, dürften sie ein wichtiges Ziel russischer Militärschläge sein.

Das Parteiprogramm meiner Partei Die Linke ist in der Frage der Atomwaffen eindeutig: "Die EU und Deutschland müssen auf alle Atomwaffenoptionen verzichten, alle in Deutschland stationierten Atomwaffen müssen abgezogen und vollständig vernichtet werden."

Raketen werden nicht explizit erwähnt, aber Die Linke setzt sich für eine allgemeine Abrüstung ein: "Die Linke lehnt den Umbau der Bundeswehr zu einer weltweit einzusetzenden Kriegsführungsarmee ab. Die Linke setzt sich für eine schrittweise Abrüstung der Bundeswehr ein, die kriegsführungsfähigsten Teile sollen zuerst abgerüstet werden. Die Abrüstung ist zu begleiten durch Konversionsprogramme für die Beschäftigten in der Rüstungsproduktion, für die Soldatinnen und Soldaten und für die Liegenschaften der Bundeswehr."

Die Stationierung von solchen Waffen muss immer von den NATO-Mitgliedsstaaten genehmigt werden. Länder können auch die Stationierung jeglicher NATO-Strukturen ablehnen, so wie Frankreich für Jahrzehnte und Griechenland auch in den 1970er Jahren.

In der Partei Die Linke, in der Friedenbewegung und in der Friedensforschung ist die Kubakrise definitiv nicht in Vergessenheit geraten. Aber in der öffentlichen Debatte prägen bedauerlicherweise die Falschen den Ton und da scheint es, als wenn die Lehren von damals vergessen wurden.

Die Situation heute ist ähnlich und wir finden, dass die Argumente heute auch gegen eine Aufrüstung sprechen.

Die Partei Die Linke war immer strikt gegen Aufrüstung, ist das auch jetzt und wird das auch weiterhin bleiben.

Mit freundlichen Grüßen

Clara Bünger

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