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Frage von Eveline M. •

Frage an Christoph Matschie von Eveline M. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Matschie,

am 18.06.09 ist vom Bundestag das Gesetz zur Errichtung einer Zensur-Infrastruktur für das Internet beschlossen worden. Formal heißt es "Zugangerschwerungsgesetz (ZugErschwG)" und soll die Kinderpornografie im Internet bzw. den sexuellen Missbrauch und die Vergewaltigung von Kindern wirkungsvoll bekämpfen. Zumindest so die Meinung der Befürworter des Gesetzes.

Am 10.07.09 wurde es vom Bundesrat durchgewunken. Zu wenig Unterstützung erhielten diejenigen, die den Vermittlungsausschuss anrufen wollten. Vorgesehen ist, dass das Gesetz nach 2 Jahren evaluiert und bis 31. Dezember 2012 in Kraft bleibt. Möglicherweise landet es wieder zur Entscheidung beim Bundesrat.

Derzeit vertreten das Land Thüringen im Bundesrat ausschließlich CDU-Politiker. Am 30.08.09 wird indirekt die Thüringer Vertretung im Bundesrat mitgewählt.

Unter anderen bezweifeln die Kritiker, dass die Zuständigkeit beim Bund liegt, ein solches Gesetz zu verabschieden. Die Bekämpfung fiele ins Polizei- und Sicherheitsrechts und damit in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder.

Aus diesen Gründen würde ich gern Ihre Ansicht - als SPD-Spitzenkandidat zur Landtagswahl - zum ZugErschwG wissen.

Viele Kritiker sehen in diesem Gesetz kein erfolgreiches Mittel zur Bekämpfung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, dafür jedoch den Einstieg in die politisch motivierte Internetzenszur und die Aufhebung der Gewaltenteilung.

Eine Vielzahl von Sperrgegner, deren klare Forderung "Löschen statt Sperren" ist, findet sich nicht nur in der bisher meistgezeichneten Petition an den Bundestag (134.015 BürgerInnen), den Oppositionsparteien im Bundestag, sondern auch in den Reihen der SPD, obwohl die Bundes-SPD (bis auf 2 Ausnahmen) für das Gesetz gestimmt hat. Leider konnte ich bisher kaum Sperrgegner aus der Thüringer SPD wahrnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Eveline Marsell

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Marsell,

aus Ihrer Frage lese ich, dass Sie sich zu den Sperrgegner rechnen. Lassen Sie mich deshalb zunächst auf wichtige Detailfragen des Gesetzes eingehen.

Auf Initiative der SPD-Bundestagsfraktion wurden wichtige Änderungen in das Gesetz eingebracht. Damit sollte den Bedenken aus der Netz- Community Rechnung getragen werden, mit dem Gesetz würde eine Infrastruktur aufgebaut, die zu anderen Zwecken als der Sperrung kinderpornographischer Inhalte genutzt werden könnte. Gerade dies wird durch das Gesetz ausgeschlossen.

So wurde das Prinzip "Löschen vor Sperren" verankert. Die Aufnahme in die Sperrliste des BKA erfolgt nur dann, wenn zulässige Maßnahmen, die auf eine Löschung der Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalten abzielen, keinen Erfolg haben.

Auch in der Frage des Rechtsschutzes haben wir Verbesserungen erwirken können. So wird beim Bundesdatenschutzbeauftragten ein unabhängiges Gremium eingesetzt, dessen Mitglieder mehrheitlich die Befähigung zum Richteramt haben müssen. Diese Kommission kontrolliert die BKA-Liste regelmäßig und kann sie jederzeit einsehen und korrigieren. Gegen die Aufnahme in die Sperrliste ist natürlich auch der Rechtsweg möglich.

Es wurde klargestellt, dass das Gesetz ausschließlich der Prävention dient. Nutzungsdaten, die aufgrund der Zugangserschwerung bei der Umleitung auf die Stopp-Meldung anfallen, dürfen nicht für Zwecke der Strafverfolgung verwendet werden. Damit wird auch ausgeschlossen, dass sich durch Spam-Mails fehlgeleitete Nutzer einem Ermittlungsverfahren ausgesetzt sehen. Zudem ist keine Speicherung personenbezogener Daten bei den Internetprovidern mehr vorgesehen. Zusätzlich wurde eine Bestimmung aufgenommen, die ausschließt, dass die neu geschaffene Infrastruktur zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche genutzt werden kann.

Und eben weil sich derzeit nicht seriös sagen lässt, wie die Wirkung des Gesetzes sein wird, handelt es sich um ein befristetes Gesetz. Es läuft zum 31. Dezember 2012 aus, um auf Basis einer Evaluation neu beraten zu werden.

Für mich werden bei der Bewertung dann zwei Faktoren entscheidend sein: Hat das "Drohpotential" des Gesetzes tatsächlich eine Wirkung auf potentielle Täter gezeigt und wie - im technischen Sinne - effektiv haben sich die Maßnahmen erwiesen.

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Matschie