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Frage von Julius K. •

Frage an Christoph Matschie von Julius K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Matschie,

Wie positionieren Sie sich zur Abfrage und Herausgabe von Bestandsdaten bei Telemediendienstleistern, die im Gesetzentwurf zur besseren Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vorgesehen sind?
Wie äußern Sie sich zur Kritik, dass für die richterliche Anordnung der Herausgabe von Bestandsdaten (z.B. Nutzernamen und Passwörtern) nicht überprüft werden muss, ob die Hürde für die Onlinedurchsuchung erfüllt sind und somit bereits bei geringsten Straftaten die Herausgabe angeordnet werden kann (entgegen Änderungswünschen aus dem Bundesrat)? Wie äußern Sie sich zur Kritik, dass die Prüfung, ob eine "besonders schwere Straftat" gemäß § 100b StPO vorliegt, den Telemediendienstleistern überlassen wird? Wie äußern Sie sich zur Kritik, dass der Richtervorbehalt für die Herausgabe der Daten nicht für Fälle gilt, in denen der oder die Betroffene von der angeforderten Herausgabe weiß oder wissen muss?
Halten Sie es grundsätzlich für gerechtfertigt, dass Ermittlungsbehörden bereits bei Verstößen gegen § 84 AsylG oder § 29a BtMG Einblick und Zugriff auf Bestandsdaten und somit ggf. in den intimsten Lebensbereich von Bürgerinnen und Bürgern erhalten?
Können und wollen Sie darüber hinaus ausschließen, dass die Herausgabe von Bestandsdaten auch für weitere Fälle abseits des derzeitigen § 100b StPO in Zukunft erlaubt wird und dass Telemediendienstleister verpflichtet werden Passwörter im Klartext zu speichern, um Ermittlungsbehörden den Zugang zu erleichtern?

Mit freundlichen Grüßen
Julius Krämer

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Sehr geehrter Herr Krämer,

auch wenn das Gesetz zur besseren Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität bereits am 18.06. beschlossen wurde und der Bundesrat den Entwurf in seiner Sitzung am 03.07. gebilligt hat, möchte Ihnen natürlich noch antworten.

Der vorgelegte Gesetzentwurf geht weit über die von Ihnen genannten Punkte hinaus und sieht vor allem eine umfassende Verschärfung des Strafrechts vor. Plattformbetreiber sind nun per Gesetz verpflichtet strafbare Posts nicht nur zu löschen, sondern auch an das BKA zu melden. Dieses prüft gemeldete Postings und leitet sie an die zuständigen Staatsanwaltschaften weiter.

Die Herausgabe von Bestandsdaten und vor allem Passwörtern ist bereits seit längerem im § 100j StPO geregelt. Staatsanwaltschaften und Polizei hatten bereits vor der Vorlage des Gesetzentwurfs die Befugnis von Telekommunikationsdiensteanbietern Auskunft über Bestandsdaten inklusive der Passwörter zu verlangen. Im Gesetzentwurf neu war lediglich die explizite Aufnahme der Telemedien in besagten Paragraf. Dies war notwendig, da die bisherige Regelung sich nur auf die Ermittlungsgeneralklausel stütze. Die nun spezifische Regelung stellt die Passwort-Herausgabe durch Telemedienanbieter unter die dort klar benannten Bedingungen, nämlich nur im Einzelfall aufgrund eines Antrags, dem ein Gericht zustimmen muss. Die Neuregelung ist damit strenger als das zuvor geltende Recht. Darüber hinaus wurde im Rahmen der Übermittlungsbefugnis der Telemedienanbieter festgeschrieben, dass für eine Auskunft ein schriftlicher Antrag der Strafermittler vorliegen muss. Auch hier ist die nun gefasste Regelung deutlicher und bietet Ermittlern und Telemedienanbietern Rechtssicherheit. Die Herausgabe von Bestandsdaten kann nicht mit der Online-Durchsuchung verglichen werden. Die Herausgabe von Bestandsdaten soll vor allem der Verfolgung von Hasskriminalität dienen und ist weniger umfangreich als die Verfolgung von besonders schweren Straftaten, welche konkret im §100b StPO Absatz 2 geregelt sind. Bei Verstößen gegen §84 Absatz 3 AsylG und §29a BtMG spricht der §100b StPO von besonders schweren Straftaten. Zur Aufklärung dieser Taten können Ermittler die Herausgabe von Bestandsdaten verlangen. Dabei dürfen - wie bei anderen Straftaten in diesem Zusammenhang - nur die relevanten, zur Aufklärung der Straftat notwendigen, gesammelt werden. Dass Ermittler einen Einblick in den intimsten Lebensbereich erhalten halte ich daher für ausgeschlossen.

Die Maßnahmen, welche ich Ihnen hier nochmal dargelegt habe halte ich persönlich für angemessen und notwendig um eine erfolgreiche Strafverfolgung insbesondere von Hasskriminalität zu gewährleisten. Das Abwägen zwischen Eingriffsrechten des Staates und der persönlichen Freiheit sowie Grundrechte ist ein schwieriges. Ich bin der Überzeugung, dass mit dem beschlossenen Gesetz uns eine gute Balance gelungen ist und diese Grundgesetzkonform ist. Des Weiteren wurden einzelne Maßnahmen präzisiert und bieten Ermittlern nun einen eindeutigen rechtlichen Rahmen.
Zum Abschluss noch etwas zu ihrer letzten Frage: das Speichern von Passwörtern im Klartext steht im klaren Widerspruch zur DSGVO und wird deshalb keine Pflicht. Diskussionen, ob die Herausgabe von Bestandsdaten auch für weitere Fälle abseits des §100b StPO erfolgen soll, sind mir nicht bekannt.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Matschie