Christian Leye, MdB DIE LINKE
Christian Leye
BSW
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Frage von Reinhard G. •

Wie denken Sie über das Freihandelsabkommen Ceta? Wird unsere Wirtschaft, die auf günstige Energie angewiesen ist, um weiter konkurrenzfähig zu sein, dadurch zusätzlich geschwächt?

Sehr geehrter Herr Leye,

in Deutschland will die "Ampel" jetzt Ceta ratifizieren. Die Erdgaslieferung über Nordstream I ist eingeschränkt. Aufgrund der von Kanada verhängten Sanktionen ist es für Siemens Energy nicht möglich, überholte Gasturbinen an den Kunden zu liefern. https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/russland-reduziert-gaslieferungen-durch-nord-stream-1-pipeline-a-2b671021-26b8-4f90-890c-52f0e18eba08

Schwächen Vorhaben, künftig auf preisgünstige Energie aus Russland zu verzichten, nicht vor allem unsere Wirtschaft? Kann Russland sein Öl und Gas nicht schnell an andere Kunden (wie China) zu einem höheren Preis verkaufen? Das Erdgas spielt auch besonders für die Stahl-, Chemie- und Glasindustrie eine Rolle und wird bei der Düngemittel-Herstellung eingesetzt. Es ist umweltfreundlicher als Kohle, Fracking, etc.

Könnten Europa und Deutschland und ihre Bürger Verlierer der Sanktionspolitik und in Folge der Handelspolitik werden? Wie könnte das vermieden werden?

MfG

Christian Leye, MdB DIE LINKE
Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr G.,

vielen Dank für Ihre Fragen. Der „Wirtschaftskrieg“ gegen Russland läuft erst an, doch schon jetzt ist abzusehen: Wenn es so weitergeht, wird die deutsche Volkswirtschaft zu den Verlierern gehören, während Russland von den hohen Energiepreise derzeit profitiert. Energiesanktionen sind ein Bumerang: Es sind die Beschäftigten und Unternehmen hierzulande, die die Folgen der Sanktionspolitik zu spüren bekommen und Schaden nehmen, während sich der Kreml vermutlich nicht von seiner Linie abbringen lassen wird. Selbstverständlich ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verurteilen und es ist richtig, dass die Ukraine Unterstützung erfährt. Doch ist die Bunderegierung in der Pflicht, die ökonomischen Folgen eines Wirtschaftskrieges mit Russland für die eigene Bevölkerung - und insbesondere für den weniger gut betuchten sowie die arbeitende Mitte - seriös zu kalkulieren und dafür zu sorgen, dass diese hier keinen Schaden anrichten, den große Teile der Bevölkerung schlicht nicht tragen können. Russische Rohstoffe sind global weiterhin gefragt und Russlands Einnahmen sprudeln angesichts gestiegener Weltmarktpreise.

Das Leibniz-Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kommt zu dem Schluss, dass Deutschland das Industrieland ist, das bei weiter steigenden Energiepreisen und ausbleibenden Energielieferungen mit die größte Last zu tragen habe. Insbesondere energieintensive Industrien wie Metallverarbeitung, Chemie und Papier könnten bei einer weiteren Einschränkung der Gasinfrastruktur starken Schaden nehmen – weitere Branchen, die auf Vorprodukte aus eben diesen Bereichen angewiesen sind, würden mit in den Abgrund gerissen. Die dann drohende Rezession würde Millionen Beschäftigte betreffen.

Es gibt Hinweise, dass die plötzliche Hektik der Bundesregierung, CETA zu ratifizieren mit dem Energie-Notstand zusammenhängt, da Kanada auf dem G7-Gipfel angeboten hat, die EU mit Flüssiggas zu versorgen - was auch nicht unproblematisch ist, da Flüssiggas häufig durch das in Deutschland verbotene Fracking gewonnen wird  (siehe: https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/ceta-aktivisten-kuendigen-neue-proteste-an-und-haben-eine-riesenwut-auf-habeck-li.241678). Ungeachtet der Energiekrise lehnen wir als Linke Freihandelsabkommen wie CETA ab. Wir fordern eine grundsätzliche Neuausrichtung der EU-Handelspolitik, bei der die Stärkung des Arbeitnehmerschutzes sowie des Umwelt- und Verbraucherschutzes im Vordergrund stehen. Eine Paralleljustiz wie bei CETA vorgesehen, mit der staatliche Gerichte und das jeweilige nationale Recht umgangen werden können, kommen für uns schon aus rechtsstaatlichen Gründen nicht in Frage.

Mit freundlichen Grüßen,

Christian Leye

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