Sind Sie für eine Impfpflicht?
Der Parteivorstand der LINKEN fordert in dem Beschluss „Corona gemeinsam besiegen – solidarische Notbremse jetzt!“ (https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand/detail/corona-gemeinsam-besiegen-solidarische-notbremse-jetzt/) eine allgemeine Impfpflicht für Volljährige.
Teilen Sie diese Forderung des Parteivorstandes? Falls ja, wie soll nach Ihrer Meinung so eine Impfpflicht durchgesetzt werden? Soll es Geldstrafen geben (die hauptsächlich die arme Bevölkerung treffen, auch wenn die Strafen nach Einkommen gestaffelt sind)? Soll es im Falle einer Weigerung, sich impfen zu lassen, Gefängnisstrafen geben? Soll es im Falle einer Weigerung, die Geldstrafe zu zahlen, zu Gefängnisstrafen kommen? Sollen die Polizei oder das Militär die Unwilligen zum Impfen bringen? Soll es Berufsverbote geben, falls eine Impfung verweigert wird?
Falls Sie die Forderung des Parteivorstandes nicht teilen, begründen Sie bitte Ihre Ablehnung.
Sehr geehrter Herr S.,
herzlichen Dank für Ihre Frage und bitte entschuldigen Sie meine recht späte Antwort.
Die Frage einer Impfpflicht wird in allen Parteien kontrovers diskutiert. Nach derzeitigem Kenntnisstand lehne ich eine allgemeine Impfpflicht klar ab und werde – sollte es dazu im Bundestag zu einer Abstimmung kommen - gegen die Einführung stimmen. Auch gegen ein bundesweit einheitliches, zentrales Impfregister spreche ich mich aus. Die Umsetzung einer Impfpflicht und seine Kontrolle würde vermutlich großen administrativen Aufwand bedeuten und Monate dauern – hilft also jetzt überhaupt gar nicht weiter, sondern lenkt nur von anderen Versäumnissen wie dem von der Regierung offenbar akzeptierten Pflegenotstand ab. Hinzu kommt das Problem, das auch Sie ansprechen: was soll mit jenen geschehen, die gegen eine Impfpflicht verstoßen? Eine Geldstrafe können sich eher diejenigen leisten, die über entsprechendes Einkommen verfügen. Wer aber die dann fällige Strafe nicht zahlen kann oder will, würde bei einer Impfpflicht wohl in ein Gefängnis müssen. Und sei es in Form der Beugehaft. Das alles halte ich in vielerlei Hinsicht für politisch hochproblematisch.
Ich versichere Ihnen, ich werde mich auch in Zukunft für ein solidarisches Gesundheitssystem einsetzen, in dem es um die Menschen geht - und nicht um Profite!
Mit freundlichen Grüßen,
Christian Leye (wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag)
PS: Am 10. Dezember 2021 - also kurz nach Ihrer Frage - hat der Bundestag über das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention“ abgestimmt, eingebracht von SPD, FDP und den Grünen. Zentraler Punkt war die Einführung einer sogenannten einrichtungsbezogenen Impfpflicht – das heißt eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen. Leider konnte ich aus privaten Gründen nicht an der Abstimmung teilnehmen. Ich habe mich jedoch klar gegen die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ausgesprochen. Denn: die Impfquote unter den Beschäftigten im Gesundheitswesen ist bereits sehr hoch. Viele Pflegekräfte stehen einer Impfpflicht für ihren Beruf außerdem kritisch gegenüber. Auch die Gewerkschaften hatten sich dagegen ausgesprochen. Gleichzeitig unternimmt die Bundesregierung praktisch nichts, um die Arbeitsbedingungen in den Kliniken endlich zu verbessern. Seit Beginn der Corona-Pandemie haben etliche Pflegekräfte auf Grund der Bedingungen ihren Job gekündigt. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht, die ab Mitte März 2022 greifen soll, könnte nun nochmals viele Pflegekräfte aus ihrem Job drängen. Wir als LINKE haben stattdessen vorgeschlagen, Pflegekräfte mit verbesserten Arbeitsbedingungen und Anreizen zurückzugewinnen.
PPS: Wenn Sie mehr über mich und meine Arbeit erfahren wollen, besuchen Sie gerne meine Homepage unter: www.christian-leye.de - oder folgen Sie mir in den sozialen Medien:
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