Wie wollen Sie konkret die kommunale Aufnahmebereitschaft in der kommenden Legislaturperiode stärken?
Moin Herr P.,
vielen Dank für Ihre Frage zu der Bereitschaft von Kommunen geflohene Menschen aufzunehmen.
Grundsätzlich sind Kommunen ja dazu verpflichtet nach Einwohner*innenzahlen gerechnet eine bestimmte Aufnahmequote zu erfüllen. Als Bundesland nimmt Schleswig-Holstein über den Königsteiner Schlüssel 3,4 % der asylsuchenden Menschen auf.
Darüber hinaus gibt es eine zusätzliche freiwillige kommunale Aufnahmebereitschaft. Und die Kommunen, die sich hierzu entschließen erklären sich i.d.R. zu Sicheren-Häfen-Kommunen - einige schließen sich darüber hinaus dem Städtebündnis an, aber nicht alle.
Als Mitarbeiterin für den Landeszuwanderungsbeauftragten habe ich in den letzten Jahren den Austausch dieser Sicheren-Häfen-Kommunen in Schleswig-Holstein mit dem Landesinnenministerium aufgebaut und koordiniert (bis zu meiner Elternzeit). Das war ein gutes Format, um aufnahmebereite Kommunen bei der Umsetzung ihrer Beschlüsse zu unterstützen. Was vor allem die Bereitschaft neuer Kommunen gestärkt hat, war, dass sie sahen, es gibt ein gemeinsames abgestimmtes Vorgehen, auf das sich alle verlassen können.
Wir haben schon eine hohe Aufnahmebereitschaft in Schleswig-Holstein. Ohne Landräte und (Ober)Bürgermeister*innen, die immer wieder voran gehen, könnten wir als Land die humanitäre Aufnahme z.B. über das Landesaufnahmeprogramm mit Ägypten kaum realisieren. Sowohl die Bereitschaft die eigene Quote zu erfüllen als auch jene freiwillig mehr aufzunehmen müssen wir aber stetig weiter stärken, denn am Ende entscheidet das Bewusstsein und die Haltung einer Kommune darüber, wie das Ankommen der Menschen gestaltet wird.
Dazu gehört ein fairer finanzieller Ausgleich. Ich bin unzufrieden darüber, dass die Bundesebene die Fortsetzung der Bundesbeteiligung an den Asylkosten noch nicht im Bundeshaushalt eingeplant hat, denn diese ist an zwei Stellen im Koalitionsvertrag zugesagt worden und unter der Großen Koalition zu Ende 2021 ja leider ausgelaufen. Die Länder verhandeln derzeit intensiv in dieser Sache, um letztendlich auch dafür zu sorgen, dass die Kommunen auf den Kosten nicht sitzen bleiben. Wofür auf der letzten MPK bereits eine Lösung gefunden wurde, ist die Bundesbeteiligung an den Unterbringungskosten der Geflüchteten aus der Ukraine. Das ist ein wichtiger Schritt - genauso wie die Überführung dieser Gruppe von der Asylbewerberleistung (bezahlen Land und Kommunen) in das SGB II (bezahlt der Bund). Gleiches müssen wir auch für andere Geflüchtetengruppen erreichen - mindestens für alle mit einem Aufenthaltstitel (also auch 23,1 AufenthG und 25,5 AufentG).
Dazu gehören tragfähige Strukturen in den Kommunen - denn hier wird Ankommen und Teilhabe gestaltet. Ich möchte erreichen, dass wir die Migrationsarbeit auf nachhaltigere Beine stellen und notwendige Beratungsstellen wie die Migrationssozialberatung verstetigen. Daneben müssen Regelstrukturen weiter geöffnet werden und spezialisierte Fachstellen das Angebot ergänzen. Das Hauptamt muss in die Verantwortung gehen können und das Ehrenamt darf nicht allein gelassen werden.
Und die ehrenamtlich Engagierten brauchen hauptamtliche Stellen, die sie unterstützen und kontinuierliche Arbeit leisten können. Die Richtlinien hierzu müssen so verstetigt werden, dass in jedem Kreis mindestens eine hauptamtliche Vollzeitstelle für die Geflüchtetenarbeit zur Verfügung steht.
Kommunen brauchen Planungssicherheit. Die Kommunikation über Aufnahmeprogramme, aufzunehmende Gruppen oder auch Informationen zu besonderen Bedarfen von Einzelpersonen zwischen Land und Kommunen muss deshalb weiter verbessert werden und frühzeitiger kommen.
Und ich denke, dass Land und Bund gemeinsam das Personal in den Ausländer- und Zuwanderungsbehörden aufstocken müssen. Denn die derzeitige Überlastungssituation sorgt für viel zu lange Wartezeiten, für Frust, Menschen verlieren Arbeits- und Ausbildungsplätze und erhalten teilweise überhaupt keine Antworten. Diese Situation muss gemeinsam aufgelöst werden.
Auch das Thema Wohnraum ist eine wichtige Frage und für einige Kommunen schwierig zu lösen. Das Land hat schon Förderungen für den sozialen Wohnungsbau massiv gestärkt (788 Millionen in den letzten Jahren hier investiert) und ein Sonderprogramm geschaffen, über das die Kommunen für Zielgruppen die es schwer auf dem Wohnungsmarkt haben neu bauen können. Aber ich glaube, die vielen Möglichkeiten müssen noch viel besser - gerade in Richtung kleinerer Kommunen mit ehrenamtlichen Bürgermeister*innen - kommuniziert werden. Wir GRÜNE wollen eine Landeswohnungsbaugesellschaft gründen, die zum einen selbst sanieren und bauen kann, aber auch ein Beratungszentrum für Kommunen hat.
Es gibt noch zahlreiche andere Punkte, aber ich belasse es erstmal dabei und hoffe Ihre Frage ist damit beantwortet.
Freundliche Grüße
Catharina Nies