Wie ist Ihre Position zur kleinen Anfrage "politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen" aus Drucksache 20/15035?
Sehr geehrte Frau Santos-Wintz,
Zwischen den beiden Wahlperioden 20 u d 21 hat Ihre Partei sich entschieden mit einem Fragenkatalog von mehr als 500 Fragen gezielt mehrere NGOs nach deren Protesten gegen den stark kritisierten 5 PunktePlan der CDU und CSU, welcher mit Hilfe der AfD erfolgreich war, die derzeitige Bundesregierung abzufragen.
Wie ist Ihre Position dazu, dass z.B. Vereine wie "Omas gegen Rechts" hier mit dem Instrument der kleinen Anfrage ihrer freien Meinungsäußerung und dem Recht auf Versammlungsfreiheit indirekt infragegestellt werden?

Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Frage zur Kleinen Anfrage „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vom 24.02.2025 (siehe https://dserver.bundestag.de/btd/20/150/2015035.pdf). Die Kleine Anfrage, die noch vor den Bundestagswahlen ausgearbeitet wurde, enthält 551 Fragen zu verschiedenen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und erkundigt sich, wie diese gemeinnützigen Körperschaften in der 20. Wahlperiode durch Bundesmittel gefördert wurden. Kleine Anfragen sind ein gängiges Instrument für Oppositionsparteien, Positionen und Handeln der amtierenden Regierung kritisch zu hinterfragen, und damit ihrer Grundaufgabe – der parlamentarischen Kontrolle der Regierung – nachzukommen. Denn Information ist eine wesentliche Voraussetzung für die (wirksame) Kontrolle der Regierung.
Grundsätzlich muss man bei NGOs zwei Finanzierungsmöglichkeiten unterscheiden: NGOs sind häufig als eingetragene Vereine organisiert. Sie erhalten den Status der Gemeinnützigkeit, wenn sie gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen und dabei nicht parteipolitisch agieren. Die mit dem Status der Gemeinnützigkeit einhergehende steuerliche Absetzbarkeit macht das Spenden an NGOs attraktiver und stellt somit indirekt eine Förderung durch den Staat dar. Aber auch hier ist Neutralität geboten, wie das Urteil des Bundesfinanzhofs zu Campact aus 2019 zeigt (siehe: https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama/aktuell/Campact-verliert-Gemeinnuetzigkeit,gemeinnuetzigkeit118.html).
Davon abzugrenzen sind staatliche Fördergelder, die von einem Bundesministerium unter gewissen Voraussetzungen vergeben werden, z.B. im Rahmen des (im Jahr 2015 eingeführten) Bundesprogramms "Demokratie leben!" des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das zivilgesellschaftliches Engagement in den Bereichen Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung und Extremismusprävention unterstützen soll. Auch hier muss nach dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien politische Neutralität gewahrt werden.
Als Union sind wir der Überzeugung: Demokratie braucht Demokratinnen und Demokraten, die sich aktiv in Staat und Gesellschaft einbringen. Politische Beteiligung und Engagement, gerade auch jenseits von Wahlen, sei es in Parteien, Vereinen oder Initiativen, sind essenziell für unser demokratisches Miteinander. Ich kann Ihnen eines sagen: Auch ich sorge mich um das Erstarken rechtsextremer Kräfte in Deutschland und versuche, dem mit aller Kraft entgegenzuwirken. Insofern kann ich nachvollziehen, wenn Leute gegen diese Entwicklung protestieren und ihren Sorgen damit Ausdruck verleihen. Gerade im Vorfeld der Bundestagswahlen müssen wir jedoch aufpassen, dass nicht der Eindruck einer gezielten parteipolitischen Einflussnahme durch NGOs entsteht, die damit dem Grundsatz der politischen Neutralität bei Gemeinnützigkeit widersprechen würde. Ein Beispiel hierfür sind die Proteste, die sich direkt gegen die CDU als demokratische Partei und unseren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz gerichtet haben und dabei teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden. Ist man eine gemeinnützige Organisation und wird staatlich gefördert, so verpflichtet dies, sich auf den Vereinszweck zu konzentrieren und nicht parteipolitisch aktiv zu werden.
Schließlich definiert sich eine Nichtregierungsorganisation durch ihre Unabhängigkeit gegenüber der Regierung. Daher sollte es in ihrem Sinne sein, diese Unabhängigkeit durch eine politische Neutralität zu wahren, indem sie sich kritisch neutral gegenüber Parteien und Regierung stehen. In der Vergangenheit gab es allerdings Situationen, die den Anschein erzeugt haben, dass diese Neutralität nicht immer eindeutig ist. Unsere Kleine Anfrage hat daher den Zweck, hier Transparenz entstehen zu lassen, die eigentlich im Interesse von Nichtregierungsorganisationen sein sollte.
Dabei möchte ich ausdrücklich betonen: Unsere Kleine Anfrage soll keine Einschüchterung darstellen oder das im Grundgesetz verankerte Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Frage stellen. Meine Fraktion und ich erwarten uns lediglich Klarheit darüber, ob staatliche Fördergelder rechtmäßig verwendet werden und dem vorgegebenen Zweck dienen. Insgesamt zeigt sich ein rechtliches Spannungsfeld: Einerseits haben gemeinnützige Organisationen das Recht, sich gesellschaftspolitisch im Rahmen ihres Satzungszwecks zu äußern und durchaus politische Bildungsarbeit zu leisten. Andererseits dürfen sie nicht parteipolitisch agieren, wenn sie steuerlich begünstigt oder anderweitig staatlich gefördert werden.
Freundliche Grüße
Catarina dos Santos-Wintz