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Carsten Müller
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Frage von Miriam Y. •

Ein großer Teil der demokratischen Gesellschaft versucht seit über einem Jahr, die Politik zu überzeugen, ein AfD-Verbotsverfahren anzustrengen - warum weigert sich die Politik noch immer?

Die AfD zeigt ihr wahres Gesicht – die Forderung nach Remigration hat es nun sogar ins Wahlprogramm geschafft (https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/afd-parteitag-324.html). Phrasen, die AfD müsse man inhaltlich stellen oder sie ließe sich gar von Herrn Merz halbieren, sind Phrasen geblieben.

Im Sinne unserer wehrhaften Demokratie hat die Gesellschaft ihren Beitrag geleistet: Die Menschen haben in einer der bundesweit größten Petitionen gefordert, einen Verbotsantrag zu stellen (https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-verbot-unterschriften-100.html). Vor einem Jahr haben allein an drei Wochenenden fast 2 Mio. Menschen gegen rechts demonstriert (https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/demonstrationen-gegen-rechtsextremismus-102.html).

Demokratische Politiker haben dieses Engagement begrüßt – ihren Part aber nie erfüllt. Aus Bürgersicht fühlt sich das zunehmend wie unterlassene Hilfeleistung an. Wie können Sie das in unserer heutigen Welt noch rechtfertigen?

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Sehr geehrte Frau Y.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu einem potenziellen Parteiverbotsverfahren gegen die AfD.

Ich teile Ihre Sorgen hinsichtlich der Achtung der freien demokratischen Grundordnung und der Negierung der in Art. 1 GG verankerten Menschenwürde durch die AfD. Für mich stellt die sogenannte „Alternative für Deutschland“ ganz klar eine ernsthafte Gefahr für unser Land dar. Das umso mehr, als die AfD auf ihrem Parteitag nun, wie Sie richtig sagen, ihr wahres Gesicht gezeigt hat.

Allerdings sehe ich ein Parteiverbotsverfahren zum derzeitigen Zeitpunkt – nicht nur wegen der hohen rechtlichen Hürden – kritisch. Meines Erachtens würde ein möglicher Antrag dazu führen, dass die AfD sich nun mit gewichtigen Argumenten erneut als Opfer darstellen könnte und würde. 

Der Ausgang eines solchen Verfahrens, welches sich über mehrere Jahre strecken könnte, wäre nicht sicher. Das geht mit gewissen Gefahren einher: Ein mögliches Scheitern des Verbotsverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht wäre ein großer Erfolg für die AfD, die sich in ihrer Verfassungskonformität und einer ungerechtfertigten Verfolgung durch die anderen politischen Akteure bestätigt sähe. 

Sollte ein Parteiverbotsverfahren hingegen erfolgreich sein – was insbesondere vor dem Hintergrund der Analyse des DIMR aus dem Jahr 2023 nicht vollständig ausgeschlossen ist – würde dies nicht automatisch zu einer Abkehr von der Weltanschauung, die die AfD propagiert, führen. Auch könnten bisherige Anhängerinnen und Anhänger auf eine bereits vorhandene gefestigte Struktur zurückgreifen. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu bedenken, dass der AfD während der Dauer eines Verbotsverfahrens eine große Plattform für weitere Hetze und eine Spaltung der Gesellschaft gegeben wäre. 

Gleichwohl wurde im letzten Jahr in einem obergerichtlichen Verfahren die Einstufung der AfD als Verdachtsfall bestätigt. Solche wohldurchdachten gerichtlichen Entscheidungen können zu einem späteren Zeitpunkt einen belastbaren Anknüpfungspunkt darstellen.

Ich plädiere daher zum jetzigen Zeitpunkt für eine politische Auseinandersetzung mit der AfD. Das ist ein langwieriger und manchmal ermüdender Prozess. Bedauerlicherweise hat die Politik der gescheiterten letzten Regierungskoalition sogar maßgeblich zum Erstarken der AfD beigetragen, wie die aktuellen Umfrageergebnisse zeigen. Ich halte die politische Auseinandersetzung trotzdem noch nicht für gescheitert. Die stetige Auseinandersetzung und ein konstantes Gegenhalten gegen extreme Positionen mit alltagstauglicher und überlegter Politik können dazu führen, den noch erreichbaren Teil der AfD-Wählerinnen und -Wähler wieder für die demokratischen Parteien zu begeistern. 

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben. 

Mit freundlichen Grüßen

Carsten Müller

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