Frage an Carsten Müller von Holger W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Müller,
Sie sprachen in einer Ihrer Antworten von der besonderen Bedeutung der Chancengerechtigkeit. Grundsätzlich möchte ich Ihren Aussagen beipflichten: In der Tat muss eine offene Gesellschaft daran interessiert sein, allen Menschen Chancen auf Bildung, Teilhabe, Qualifikation zu gewähren, um so insgesamt von den Leistungen dieser Menschen zu profitieren.
Im Bereich der Bildung sehe ich die Chancengerechtigkeit aber keineswegs gewährleistet. Ich möchte nicht im Abstrakten verharren, sondern ein konkretes - eigenes - Beispiel nennen: Ich hatte beste Examensergebnisse erzielen können. Aufgrund meiner Leistungen bekam ich die Zusage von einer der besten Universitäten der Welt für ein Master-Studium. Bei der Stipendienbewerbung war ich aber nicht erfolgreich, so dass ich das Studium nicht antreten konnte.
Nun zu meiner Frage: Wie kann es sein, dass durch öffentliche Mittel finanzierte Stipendiengeber wie der DAAD in ihren Richtlinien ausdrücklich postulieren, dass Bedürftigkeit KEIN Auswahlkriterium sind? Ein Studienkollege hatte nicht nur schlechtere Examensnoten als ich, seine Eltern waren auch noch gut betuchte Unternehmer. Er bekam ein Stipendium...Und gestand selbst: Seine Eltern hätten das "aus der Urlaubskasse" gezahlt... Entspricht es - auch in Bezug auf den konkreten Fall - Ihren Vorstellungen von Chancengerechtigkeit, wenn öffentliche Mittel unabhängig von der Bedürftigkeit vergeben werden?
MfG,
Holger Wundram
Sehr geehrter Her Wundram,
ich danke Ihnen für Ihre Frage vom 25. März 2008 zum Thema Stipendien.
Bereits jetzt gibt es verschiedene Stipendienangebote in der Bundesrepublik Deutschland, eine moderne Ausbildungsförderung erfordert in Zukunft jedoch ein deutlich breiteres Angebot an Studienkrediten und Stipendien. Dabei darf der Staat nicht aus seiner Verpflichtung entlassen werden, gleichzeitig müssen auch private Ressourcen für Stipendien mobilisiert werden. Dies könnte beispielsweise über Stiftungen geschehen. Die gute Entwicklung der Stiftungskultur in Deutschland muss weiter unterstützt werden und sich zukünftig stärker auf die Finanzierung von Bildung, Ausbildung und akademische Lehre und Forschung konzentrieren.
Ihren geschilderten Einzelfall kann ich mangels detaillierter Kenntnisse nicht beurteilen. Insbesondere steht es mir nicht zu, etwaige Auswahlentscheidungen von Institutionen ohne weitere Detailkenntnis zu bewerten.
Ihr
Carsten Müller MdB