Frage an Carsten Müller von Anselm Z. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Müller
wie steht die CDU zur Änderung der Versteuerung von Einkünften aus Termingeschäften? Sollten Sie das Problem noch nicht kennen, eine kurze Erläuterung: Seit dem 01.01.2021 werden Verluste nur noch begrenzt bis 20.000 Euro berücksichtigt, Gewinne sind aber voll steuerpflichtig. Es ist bei einigen Strategien nicht unüblich, das ich bei Spekulationen mit Termingeschäften mit einem Trade z.B. 100.000 Euro Verlust mache und mit dem nächsten 120.000 Gewinn. Das machen auch Investmentabteilungen der Banken. Als Privatinvestor, der mit breits versteuertem Geld spekuliert, gilt künftig folgende Rechnung: Tatsächlicher Gewinn aus o.g. Beispiel = 20.000 Euro. Steuerlich:120.000 Gewinn-20.000 Verlust=100.000 steuerpflichtiger Gewinn. Darauf zahle ich dann 26375 Euro Steuern. Aus 20.000 Euro Gewinn vor Steuern werden 6375 Euro Verlust nach Steuern. Ein weiteres Bespiel: EIn Trade mit 150.000 Gewinn, ein Trade mit 150.000 Verlust. Plus-minus Null. leider nur vor Steuern. Weil ich auf diesen Trade wieder 26,375% auf 130.000 zahle! Also 34287,50 Euro, obwohl ich keinen Gewinn habe! Das ich den restlichen Verlust in den Folgejahren mit max. 20.000 Euro p.a. ansetzen kann, hilft nicht. Siehe auch https://blog.handelsblatt.com/steuerboard/2021/01/11/verlustbeschraenkung-des-§-20-abs-6-estg-veraergert-anleger/
Wie stehen Sie dazu und was unternehmen Sie dagegen?
Mit freundlichen Grüßen
Anselm Zwanzig
Lieber Anselm Zwanzig,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Verlustverrechnung bei Termingeschäftenvia abgeordnetenwatch.
Die Berücksichtigung von Totalverlusten aus bestimmten privaten Kapitalanlagen wurde im Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen vom 21. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2875) neu geregelt.
Die neue Regelung, die für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten, Anwendung findet, sieht in § 20 Absatz 6 Satz 5 EStG vor, dass Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltegeschäften ausgeglichen werden können. Dabei ist die Verlustverrechnung auf jährlich 20.000 Euro beschränkt. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalteprämien verrechnet werden. Die Verluste können nicht mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden.
Der besagte § 20 Abs. 6 EStG sollte bereits im Elektromobilitätsgesetz (JStG 2019) ergänzt werden, wurde aber dort nach wochenlangen zähen Verhandlungen mit unserem Koalitionspartner SPD herausgenommen. Die SPD wollte im Rahmen des JStG 2019 sogar eine komplette Nichtberücksichtigung dieser Verluste: Bei den Termingeschäften sollte durch eine komplette gesetzliche Nichtberücksichtigung eines Optionsverfalls die bis 2016 geltende Finanzverwaltungspraxis gesetzlich manifestiert werden und die BFH-Rechtsprechung vom 12. Januar 2016 (BStBl. I 2017 II, S. 264) überschrieben werden. Danach wären Verluste dann in Gänze nicht anzuerkennen gewesen, wenn der Steuerpflichtige eine Option bei Fälligkeit verfallen lassen würde. Das konnten wir verhindern. Die jetzige Lösung ist ein Kompromiss: die Verluste werden anerkannt, aber nur bis zu einer Höhe von 20.000 Euro. Damit wollten wir zumindest die Kleinanleger davor schützen, einen Totalverlust durch beispielsweise einen Forderungsausfall komplett nicht geltend machen zu können.
Die Unionsfraktion spricht sich grundsätzlich gegen die Nichtberücksichtigung von Verlusten im Rahmen des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 EStG aus und hat in den Verhandlungen mit dem Koalitionspartner auch entsprechend argumentiert: Wie wir auch schon nach dem Beschluss im Finanzausschuss öffentlich formuliert haben, halten wir eine vollständige Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten - unabhängig davon, ob Totalverlust oder einfacher Verlust - weiterhin für sachgerecht. Wir mussten aber mit dem Koalitionspartner einen Kompromiss finden, dem wochenlange Verhandlungen vorausgegangen waren. Ansonsten hätte dieser möglicherweise alle weiteren, wichtigen Steuergesetze blockiert. Unser Koalitionspartner wollte Totalverluste steuerlich überhaupt nicht anerkennen und bestand zunächst rigoros auf einem Nichtanwendungsgesetz zur neuen BFH-Rechtsprechung.
Die Regelung ist dank der Hartnäckigkeit der Unionsfraktion aber zumindest besser als die bis 2016 bestehende Verwaltungsauffassung und auch besser als das Vorhaben des Bundesfinanzministers, die steuerliche Anerkennung von Totalverlusten vollständig auszuhebeln. Dennoch werden wir uns in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass eine weitergehende Änderung in Angriff genommen wird.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller