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Carsten Müller
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Frage von Cord Christian W. •

Frage an Carsten Müller von Cord Christian W. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Müller,

ich habe eine Frage zum Thema Bahnprivatisierung.
Nach den Plänen der Bundesregierung ist meines Wissens nach vorgesehen, dass sich der Bund von maximal 49 % seiner Bahn-Anteile trennen will und das Streckennetz zwar in Bundeshand bleiben soll, die Bahn das Netzt allerdings auf 15 Jahre bewirtschaften und bilanzieren darf.
Mich würde Ihr Standpunkt zu diesem Thema interessieren.

Mit freundlichen Grüßen

C. Wirries

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Sehr geehrter Herr Wirries,

mein Standpunkt ist nach wie vor unverändert. Ich lehne die derzeitigen Pläne von Bundesverkehrsminister Tiefensee (SPD) im Wesentlichen ab.

Wir haben in der Koalition im November letzten Jahres vereinbart, dass das Schienennetz und die übrige Infrastruktur nicht der alleinigen, ungesteuerten Verfügungsgewalt der Deutschen Bahn AG unterliegen sollen. Genau das würde aber mit dem geplanten Entwurf des Verkehrsministers passieren.

Meiner Meinung nach ist es erforderlich, das Schienennetz in den Händen des Bundes zu belassen. Was passiert, wenn man die Eisenbahninfrastruktur privaten Betreibern überlässt hat das Negativbeispiel der Privatisierung in Großbritannien gezeigt. Das vorgeschlagene Modell, nach dem der Bund formeller Eigentümer bleibt und die Bahn das Schienennetz für 15 Jahre im Wege der Sicherungsübereignung erhält und bewirtschaften beziehungsweise bilanzieren kann ist von meiner Seite aus nicht zu vertreten. Der Bund als formeller Eigentümer würde sein Mitsprachrecht aufgeben. Die Bahn könnte so weitgehend allein über das Netz – und damit auch über die Trassenpreise für die Konkurrenten – bestimmen. Private Mitbewerber auf der Schiene wären benachteiligt und der Wettbewerb wäre behindert.

Darüber hinaus ist nicht abschließend geklärt, was nach 15 Jahren mit dem Steckennetz passiert. Möchte der Bund die reale Verfügung über die Schieneninfrastruktur zurückerlangen, wäre dies nach den momentanen Absichten mit der Zahlung einer Entschädigung verbunden. Diese dürfte aller Voraussicht nach im zweistelligen Milliardenbereich angesiedelt sein. Demnach müsste der Bund – und damit der Steuerzahler – zweimal bezahlen: Das erste Mal zum Bau und Ausbau der Schienenwege, das zweite Mal für deren Rückkauf. Dies ist für mich nicht hinnehmbar.

Das Anlagevermögen der Bahn – also in erster Linie das Streckennetz und die Immobilien – stellen ein vom Steuerzahler aufgebautes Vermögen im Wert von rund 180 Milliarden Euro dar. Der Bund kann sich nicht erlauben diese Infrastruktur aus der Hand zu geben. Denn ohne die Kontrolle des Bundes kann nicht gewährleistet werden, dass die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes in notwendigem Umfang erhalten bleibt.

Ich bin grundsätzlich nicht gegen jede Art von Privatisierungen. Wenn die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes gewährleistet bliebe und zudem die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen zwischen Bund und Bahn geklärt wären, könnte man über eine Teilprivatisierung des Bahnbetriebes - nicht jedoch des Netzes - sprechen. Dies wäre dem Wettbewerb sicherlich dienlich. Allerdings besteht die Gefahr, dass der geplante Börsengang zu einem Einfallstor für Finanzinvestoren werden könnte. Gerade unterbewertete Mischkonzerne, deren Einzelteile mehr Wert sind als das Ganze, gelten für derartige Investoren als ideale Übernahmeobjekte.

Diesen Punkt scheint Bundesverkehrsminister Tiefensee inzwischen erkannt zu haben. Deshalb lässt das Verkehrsministerium zurzeit das sogenannte Volksaktienmodell prüfen. Dabei soll es sich um die Vergabe nicht stimmberechtigter Vorzugsaktien handeln. Nach seiner Argumentation wäre die Bahn so vor dem Zugriff privater Investoren geschützt. Doch auch dieser Variante stehe ich sehr skeptisch gegenüber. Die Bahn gehört bereits dem Volk. Sie ist zu einhundert Prozent Eigentum des Bundes. Warum soll das Volk jetzt abermals für seine Bahn zahlen?

Für mich erschließt sich momentan nicht die Notwendigkeit der vorliegenden Planungen. Das Hauptargument, die Bahn müsse sich global aufstellen und durch den Börsengang den Expansionskurs refinanzieren, ist für mich nicht stichhaltig. Der Bahn stehen weitere Finanzierungsformen zur Verfügung. So kann sich die Bahn das entsprechende Geld ebenso am Kapitalmarkt über Kredite besorgen, so wie beinahe jedes andere Unternehmen auch. Zudem konnte die Bahn bereits in den vergangenen Jahren viele Beteiligungen erwerben ohne privatisiert zu werden.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Carsten Müller

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