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Carsten Müller
CDU
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Frage von Klaus S. •

Frage an Carsten Müller von Klaus S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Müller.

Seit 2013 werden die TTIP- Verhandlungen zwischen der EU und den USA geführt. Die im Internet veröffentlichen Ziele der EU klingen sehr lobenswert und positiv. Ein paar Fragen hätte ich gern dazu an Sie.

1. Die Grünen haben den Antrag 18/1458 eingebracht. Hiermit sollte erreicht werden, dass in den Freihandelsabkommen TTIP und CETA keine Gelegenheit eingeräumt wird, dass Konzerne Staaten vor internationalen Schiedsgerichten (außerhalb der ordentlichen staatlichen Gerichtsbarkeit) verklagen können (aus Abgeordnetenwatch.de eingefügt). Wie war hierzu ihr Abstimmungsverhalten? Wie würden sie dieses begründen?

2. Das Ziel der EU ist der Erhalt der bisherigen Gesetzgebungen im Verbraucher- und Umweltschutz. Wie stehen sie zu der "Investor-Staat-Gerichtsbarkeit (ISDS)", welche, laut Kritikern, die staatliche Gerichtsbarkeit unkontrollierbar umgeht und neue, notwendige Gesetze, als Handelshemmnis vor dem Schiedsgericht einklagbar und somit Schadenersatzfähig macht?

Ich bedanke mich für Ihre Bemühungen meine Fragen zu beantworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen

Klaus Schmidt
Braunschweig, Wenden

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Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Fragen zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sowie zur Investor-Staat-Gerichtsbarkeit (ISDS), die ich sehr gern beantworte.

In der Plenarsitzung des Deutschen Bundestages am 25. September 2015 habe ich der Beschlussempfehlung des federführenden Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Energie zum Antrag „Für fairen Handel ohne Klageprivilegien für Konzerne“ der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Der federführende Ausschuss hatte die Ablehnung des Antrags empfohlen. Da auch die überwiegende Mehrheit des Bundestages (460:119:2) dieser Empfehlung folgte, wurde der Antrag abgelehnt. Sehr gern begründe ich Ihnen auch meine Entscheidung:

Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit sowie Investor-Staat-Schiedsverfahren werden gegenwärtig als ein Teil eines möglichen Investitionsschutzabkommens im Rahmen von TTIP diskutiert und dabei häufig sehr unvollständig dargestellt. Diese eingeschränkten Darstellungen führen nicht selten zu Ängsten, die ich im Wesentlichen als unbegründet erachte.

Grundsätzlich sind Investitionsschutzvorschriften dazu da, um Unternehmen den Markteintritt im Ausland zu erleichtern und diese Auslandsinvestitionen zu fördern und zu schützen. Dazu werden völkerrechtliche Verträge zwischen zwei Staaten geschlossen und dem Investor aus einem Staat (Heimatstaat) im anderen Staat (Gaststaat) bestimmte Rechte eingeräumt. Prinzipiell sind diese Verfahren geeignet, Investitionsstreitigkeiten auf rechtlichem und nicht auf nicht politischem Weg beizulegen, denn in der Vergangenheit mussten Staaten gegen Staaten klagen, was zu politischen Verwerfungen führen konnte. Die Investor-Staat-Schiedsverfahren unterliegen Völkerrecht und werden entweder vor dem Schiedsgericht "Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID)" der Weltbank oder nach den Regeln der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (United Nations Commission on International Trade Law, UNCITRAL) verhandelt. Beide Organisationen (ICSID als Teil der Weltbank-Gruppe sowie UNCITRAL als UN-Unterorganisation) sind keine privaten, sondern auf Völkerrecht basierende, international tätige Organisationen!

Investitionsschutzabkommen sind jedoch keine Neuerung in den Verhandlungen zu TTIP. Das erste Investitionsschutzabkommen der Welt hat 1959 Ludwig Erhard für Deutschland mit Pakistan abgeschlossen. Bis heute ist es Grundlage sämtlicher Freihandelsabkommen auf der Welt - zum jetzigen Zeitpunkt bestehen mehr als 3.000. Deutschland selbst hat 139 Investitionsschutzabkommen geschlossen und die Europäische Union noch einmal mehr als 30. Die Bundesregierung ist der Ansicht und vertritt auf europäische Ebene auch die Position, dass spezielle Investitionsschutzvorschriften in einem Abkommen zwischen der EU und den USA nicht erforderlich sind! Sowohl in der Europäischen Union als auch in den USA besteht hinreichender Rechtsschutz vor nationalen Gerichten. Diese Position basiert auch auf den anhaltend umfangreichen gegenseitigen Investitionen aus den USA in Deutschland und aus Deutschland in den USA: Auch US-amerikanische und deutsche Investoren erachten den bestehenden Rechtsschutz in beiden Ländern als ausreichend. Ebenso interessant ist, dass die weltweit aktivsten Kläger auf der Basis von Investitionsschutzabkommen im Übrigen die Europäer (mit rund 53 Prozent der aktuellen Klagen) und nicht – wie häufig unterstellt – die Amerikaner (mit lediglich 22 Prozent) sind. So laufen derzeit z.B. vor dem Schiedsgericht in Washington mehrere Klagen von europäischen Ökostromunternehmen gegen Spanien und Tschechien wegen Kürzung der dortigen Ökostromförderung. Im Übrigen: Bisher hat es auf dieser Basis nur drei Klagen gegen Deutschland gegeben. Keine Klage war erfolgreich.

Gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion vertreten ich die Position, dass Regelungen zum Schutz des Allgemeinwohls, die rechtsstaatlich und demokratisch begründet sind, nicht unterwandert werden dürfen. Nur Investitionen, die im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen des Gaststaats stehen, sind durch Investitionsschutzverträge geschützt. Nicht diskriminierende Vorschriften zum Umwelt-, Verbraucher- oder Arbeitnehmerschutz können kein Klagerecht von Unternehmen begründen. Wenn die diese Maßgaben berücksichtigen, sehe ich keine Unkontrollierbarkeit. Da die Verhandlungen zwischen der EU und den USA zum TTIP noch laufen, bin ich sicher, dass die Verhandlungsträger der Europäischen Union gute Chancen haben, unsere Position konstruktiv zu vertreten sowie klar und eindeutig in den Vertragstext zu formulieren.

Sehr geehrter Herr Schmidt, ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen geholfen zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller

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