Frage an Carsten Müller von Michael Z. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Müller,
ich bin Mitglied der Geweerkschaft der Sozialversicherungen, also einer Geweerkschaft, die im Falle des Beschlusses eines Tarifeinheitsgesetzes von diesem betroffen wäre. Ich habe die vergangene Debatte im Bundestag dazu verfolgt. Ich bin sehr verärgert über diese Pläne! Die GDS kooperiert mit VER.DI und anderen Gewerkschaften bei Tarifverhandlungen mit dem Bund und den Ländern. Da gibt es keine Probleme. Warum soll nun dieses Gesetz eingeführt werden? Eine Nachzeichnung von Tarifverträgen mit der größeren Gewerkschaft und ein Anhörungsrecht sind praktisch nutzlos und nur ein Vorwand. Es hat in der Vergangenheit kaum Tarifkollisionen gegeben. Ich finde auch, dass die derzeitigen Arbeitskämpfe bei Lufthansa und der Bahn zu lange dauern. Und natürlich möchte ich auch nicht, dass Lokführer A (GDL) einen anderen Lohn bekommt als Lokführer B, der bei der EVG ist. Erläutern Sie mir bitte, warum es keine anderen Möglichkeiten für die Tarifautonomie geben soll.
MFG M. Zimmer
Sehr geehrter Herr Zimmer,
herzlichen Dank für Ihre Frage zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Tarifeinheit. In Anbetracht der derzeit noch unklaren Rechtslage kann ich Ihre Bedenken nachvollziehen, dass im Fall einer gesetzlich angeordneten Tarifeinheit kleinere Gewerkschaften wie die von Ihnen angesprochene Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) geschwächt werden. Es wird seit geraumer Zeit über die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Regelung diskutiert. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde am 5. März 2015 erstmals im Plenum des Deutschen Bundestages erörtert. Er wurde er den zuständigen Bundestagsausschüssen unter Federführung des Ausschusses für Arbeit und Soziales daraufhin zugeleitet. Zum Sachverhalt des Tarifeinheitsgesetzes gibt es jedoch durchaus unterschiedliche Auffassungen. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Herr Hans-Jürgen Papier beispielsweise hat das Tarifeinheitsgesetz als verfassungsrechtlich unbedenklich bezeichnet. Es sei nicht verfassungswidrig, wenn der Gesetzgeber der Gefahr unbegrenzter Tarifpluralität begegnen will, die darin bestehe, dass Arbeitgeber sich mit ständiger Arbeitskämpfen und Tarifvertragsverhandlungen auseinandersetzen müssen. Der ehemalige Verfassungsrichter Udo di Fabio dagegen wertete das Gesetz als unzulässig. Deshalb soll am 4. Mai 2015 zusätzlich eine Sachverständigenanhörung im Ausschuss für Arbeit- und Soziales durchgeführt werden. Gemeinsam mit anerkannten Experten wird dort noch einmal geprüft, ob die angedachten gesetzlichen Regelungen auch verfassungskonform sind.
Sehr geehrter Herr Zimmer, ich bitte Sie, sich mit Ihrem Anliegen auch direkt an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu wenden. Dort können Ihre Argumente besser in die Diskussion miteinbezogen werden. Ich werde Ihre Anmerkungen zudem an die Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit und Soziales Kerstin Griese (SPD) weiterleiten. Ich kann Ihnen versichern, dass wir die Vor- und Nachteile einer gesetzlichen Regelung zur Tarifeinheit intensiv diskutieren werden. Tarifautonomie und eine gute Sozialpartnerschaft sind Fundament der sozialen Marktwirtschaft und tragen zum wirtschaftlichen und sozialen Erfolg Deutschlands bei. Durch Konflikte von konkurrierenden Gewerkschaften haben sie jedoch in den letzten Jahren an Bindekraft verloren. Diesen Aspekt müssen wir in der Diskussion über den Gesetzentwurf berücksichtigen, um ein förderliches Ergebnis erzielen zu können. Die unionsgeführte Bundesregierung hat jedoch ganz klar nicht die Absicht, das Streikrecht einzuschränken und in die Tarifautonomie einzugreifen. Bei weiteren Fragen können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Müller