Sehr geehrte Frau Lugk, Wie wurde der verbotsantrag zur AFD bearbeitet und wie haben sie entschieden?

Sehr geehrter Herr M.
vielen Dank für Ihre Frage zum Parteiverbotsverfahren für die Partei Alternative für Deutschland (AfD) nach Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes.
Wie alle meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion teile ich die Sorge vieler Menschen über die zunehmende Radikalisierung der AfD. Auch ich bin der Meinung, dass die AfD in vielen Äußerungen und Positionen eine verfassungsfeindliche Haltung einnimmt und deswegen verboten werden sollte.
Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes ermöglicht das Verbot von Parteien, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen wollen. In der Geschichte der Bundesrepublik wurden bisher zwei Parteien verboten. Ein solches Verfahren erfordert jedoch nicht nur verfassungswidrige Äußerungen, sondern den Nachweis eines planvollen Vorgehens mit Erfolgsaussichten.
Diese hohen Anforderungen setzen eine umfassende Beweissammlung voraus. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die AfD als Verdachtsfall und nutzt nachrichtendienstliche Mittel, um belastbares Material zu sammeln. Dieser Prozess läuft noch. Der Faktor Zeit ist wichtig. Eine fundierte Antragsschrift sowie das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht würden voraussichtlich mindestens eineinhalb Jahre dauern.
Aus den gescheiterten NPD-Verbotsverfahren der Vergangenheit müssen wir lernen und wir dürfen uns keine Fehler beim Verfahren und der Zeitschiene erlauben. Der Antrag auf Verbot darf nicht aus formalen Gründen scheitern und darf auch nicht nur ein Symbol sein.
Mit Zusammentreten des neuen Bundestages tritt jedoch die Diskontinuität ein: Alle Anträge, die nicht bis zum Ende der Wahlperiode abgeschlossen sind, verlieren ihre Gültigkeit. Der Beschluss einen Antrag auf ein Parteiverbot zu stellen, genügt nicht. Die Umsetzung des Beschlusses müsste noch vor Zusammentritt des neuen Bundestages durch Einreichung einer umfassend begründeten Antragsschrift beim Bundesverfassungsgericht umgesetzt werden.
Zudem brauchen wir für einen solchen Beschluss eine gesicherte Mehrheit, um eine Blamage zu verhindern. Derzeit lehnen CDU/CSU und FDP ein AfD-Verbotsverfahren ab – und ihr gemeinsames Abstimmungsverhalten mit der AfD am 29. Und 31. Januar macht eine Zustimmung noch unwahrscheinlicher.
Für das Verbotsverfahren der AfD gilt für mich daher der Leitsatz: So schnell wie möglich, aber sehr gut vorbereitet und dadurch absolut sicher.
Am 30.01.2025 haben wir im Deutschen Bundestag zwei Anträge debattiert, diese standen jedoch nicht zur Abstimmung und wurden anschließend zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres und Heimat überwiesen.
Mit freundlichem Gruß
Bettina Lugk