Frage an Bettina Hagedorn von Hendrick K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Hagedorn,
in Burg/Fehm fand heute im Zusammenhang mit der Fehmarnbeltquerung (FFBQ) ein dreistündiges Treffen statt, zu dem Verkehrsminister Dr. Marnette das Management der dänischen Projektgesellschaft Femern Baelt B A/S (FB A/S) und regionale Vertreter aus Politik, Verwaltung und von NRO eingeladen hatte. Dabei gaben der Managing Director (P. Lundhus) und Project Manager (C. Dynesen) einen Überblick über die laufenden Planungen und den Rahmen, in welchem diese erfolgen sollen.
Bei der anschließenden Diskussion wurde u.a. die Frage angeschnitten, ob bei den weiteren Untersuchungen von Dänemark noch eine gesamtwirtschaftliche Neubewertung des Vorhabens erstellt wird sobald belastbarere Zahlen zu den Baukosten vorliegen. Diese Frage wurde im Zusammenhang mit den volkswirtschaftlichen Rentabilitätsanalysen der Professoren Breitzmann und Lüsch von 2007 gestellt. Es zeigen sich eindeutige Schädigungen des Allgemeinwohls nicht nur für Dänemark, sondern auch für Deutschland und die EU. Antwort der Herren Lundhus und Dynesen: Eine solche makroökonomische Projekt-Evaluierung sei nicht vorgesehen, weil der Folketing über das Vorhaben bereits jetzt politisch entscheidet.
Minister Tiefensee hat bereits im letzten Jahr eine gesamtwirtschaftliche Evaluierung der FFBQ abgelehnt mit dem Hinweis, das sei Aufgabe Dänemarks.
Meine Frage nun an Sie als „Haushälterin“: Sehen Sie angesichts der Besorgnis erregenden Aussagen der Manager von FB A/S noch eine Möglichkeit, dass der Haushaltsausschuss im Ratifizierungsverfahren für den Staatsvertrag die makroökonomischen Auswirkungen des Vorhabens FFBQ prüfen wird? Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Bundestag den Bundesrechnungshof mit einer gesamtwirtschaftlichen Neubewertung des Vorhabens beauftragt? Ist es für den Bundestag vertretbar, sich an einem Infrastrukturvorhaben zu beteiligen, ohne dessen Auswirkungen auf das Wohl der Bürgerinnen und Bürger eingehend geprüft zu haben?
MfG
H. Kerlen
Sehr geehrter Herr Kerlen,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 9. März 2009 zum Thema Fehmarnbeltquerung. Wie Sie wissen, vertrete ich bereits seit Jahren eine kritische Position zu diesem Mammutprojekt – und zwar nicht nur aus ökologischen Gründen und aus Sorge um die Schiffssicherheit in dieser engen, vielbefahrenen Wasserstraße. Ich halte vor allem die Verkehrsprognosen für Straße und Schiene, für Personen und Güter für unrealistisch hoch kalkuliert und die Baukosten für viel zu niedrig – darum stimme ich Ihnen natürlich bei Ihrer Forderung nach einer Betrachtung der makroökonomischen Auswirkungen der Beltquerung zu. Dennoch hat Minister Tiefensee Recht, wenn er Ihnen 2008 schrieb, dass für eine solche Untersuchung die dänische Regierung als Bauherr des Querungsbauwerkes zuständig wäre – und formal richtig ist auch, dass das Folketing in Kopenhagen seine Zustimmung zum Staatsvertrag gegeben hat, ohne die volkswirtschaftliche Sinnhaftigkeit dieser Milliardeninvestition kritisch zu prüfen.
Dessen ungeachtet habe ich aber als Mitglied im Haushalts- und Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages bereits vor 2 Jahren den Bundesrechnungshof bezüglich der finanziellen Auswirkungen der Beltquerung (im Koalitionsvertrag noch als Projekt mit maßgeblicher Risikobeteiligung durch die Wirtschaft als ÖPP-Projekt festgeschrieben) eingeschaltet und mehrere kritische Stellungnahmen von einigem Gewicht erwirken können. Mit dem Rechnungsprüfungsausschuss ist vereinbart, dass der Bundesrechnungshof eine neue Stellungnahme noch bis Anfang Mai 2009 zur Unterstützung der parlamentarischen Debatte vorlegt, auf die ich mit einiger Spannung warte. Dieser Bericht wird allerdings nicht „eine gesamtwirtschaftliche Neubewertung des Vorhaben“ beinhalten, aber sicher Fragen und Recherchen zur Kosten-Nutzen-Relation und zum Einsatz der deutschen Steuergelder für die zweigleisige Hinterlandanbindung aufwerfen. Insgesamt wird dabei vermutlich auch der Bericht des Verkehrsministeriums vom Sommer 2008 zur statistisch festgestellten Baukostenexplosion bei Großprojekten im Verkehrsbereich eine Rolle spielen.
Wie Sie wissen wird der federführende Verkehrsausschuss in Berlin am 6. Mai 2009 eine öffentliche Anhörung zur festen Fehmarnbeltquerung durchführen, für die ich seit Monaten sehr gekämpft habe. Ich setze darauf, dass diese Anhörung die Kritiker des Projektes mit ihren berechtigten und unwiderlegten Bedenken weiter stärken wird. Sollte die Stellungnahme des Bundesrechnungshofes zu diesem Zeitpunkt vorliegen, können Sie sicher sein, dass ich sie für eigene Fragestellungen zum Komplex „Haushalt“ und „nachhaltiger Einsatz von Steuergeld“ nutzen werde.
Rückblickend bin ich froh, dass es mir allein in den letzten 20 Monaten gelang vier maßgebliche Verkehrspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion nach Fehmarn zu holen, damit diese sich selbst ein Bild von den Örtlichkeiten machen konnten: Im August 2007 kam Klaas Hübner als Fraktionsvize für Verkehr, MdB Dr. Margrit Wetzel kam als „Lotsin der Küstengang“ am 4. Oktober 2007, der verkehrspolitische Sprecher MdB Uwe Beckmeyer am 10. Dezember 2008 und der zuständige SPD-Berichterstatter für die Beltquerung im Verkehrsausschuss, MdB Hans-Joachim Hacker, am 23. Februar 2009 – alle auf meine persönliche Einladung hin. Auch der Besuch von Umweltminister Sigmar Gabriel im Mai 2008 in der Region und die Gespräche mit Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee und der Staatssekretärin im Umweltministerium Astrid Klug mit Beltquerungsgegnern auf meine Initiative hin in Berlin im September und November 2008 haben das Problembewusstsein in der SPD weiter geschärft. Der Erfolg ist das „Bohren dicker Bretter“ – in diesem Sinne sage ich Ihnen zu: Ich bleibe weiter "am Ball"!
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn