Frage an Bettina Hagedorn von Peter P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Hagedorn,
da die Abgeordneten des Deutschen Bundestages derzeit beabsichtigen, sich eine 16%ige Diätenerhöhung "genehmigen" zu wollen - in einer Zeit, wo es sehr schwer ist, dem deutschen Arbeiter und Angestellten gerade mal 5 bis 6 Prozent mehr Lohn/Gehalt zu ermöglichen -, möchte ich hierzu gerne Ihre Stellungnahme erfahren.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Abgeordneten Ihrer Partei im Deutschen Bundestag so abgebrüht wären, diesem Vorhaben zuzustimmen.
Wenn doch - dann hätte mich die Deutsche Sozialdemokratie sehr enttäuscht.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Pohlmann
Sehr geehrter Herr Pohlmann,
Vielen Dank für Ihre Frage zur geplanten Diätenerhöhung.
Die Bezüge für die Bundestagsabgeordneten kurz nach der Diätenerhöhung vom November 2007 erneut zu erhöhen, halte ich - ebenso wie die Landesgruppe Schleswig-Holstein der SPD-Bundestagsfraktion insgesamt – für unangemessen. Für diese erneute Anhebung der Diäten wird es keine Zustimmung der SPD-Bundestagsabgeordneten aus Schleswig-Holstein geben. „Genug ist genug!“ So lautet unsere eindeutige Position – diese Position ist vor allem deshalb glaubwürdig und hat entgegen anders lautenden Unterstellungen nichts mit dem momentanen Kommunalwahlkampf in Schleswig-Holstein zu tun, da die große Mehrheit der Landesgruppe wie ich bereits die Aufstockung der Abgeordnetenbezüge im November 2007 in namentlicher Abstimmung abgelehnt und seit Mai 2006 bereits auf der Grundlage eines gemeinsamen Papiers die Zustimmung zu einer Diätenerhöhung von deutlichen Einschnitten in die privilegierte Altersvorsorge der Bundestagsabgeordneten abhängig gemacht haben.
Kern des Papiers sind folgende acht Forderungen auf die wir uns verständigt haben.
1.Die Reformen der Abgeordnetenentschädigung und der Altersversorgung sollen zusammen erfolgen.
2.Den Vorschlag, die Abgeordnetenentschädigung in einem Schritt zu erhöhen, lehnen wir ab. Wir akzeptieren allenfalls eine über mehrere Jahre gestaffelte Erhöhung.
3.Eine unabhängige Kommission soll für die Festlegung der Diäten eingesetzt werden. Inwieweit die Empfehlung dieser Kommission umgesetzt werden soll, bedarf der weiteren Diskussion.
4.Eine Anbindung der Abgeordnetenentschädigung an das Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen der Richter wird nicht für gut empfunden.
5.Die Beibehaltung der monatlichen steuerfreien Kostenpauschale wird positiv gesehen. Eine genaue Abrechnung der anfallenden Kosten für die Arbeit u. a. im Wahlkreis wäre ein zu hoher Verwaltungsaufwand.
6.Das vorgeschlagene Modell zur Abschmelzung der Altersversorgungsansprüche ist eine vertretbare deutliche Absenkung (von 3% auf 2% Anspruchszuwachs pro Monat) der bisherigen Regelung.
7.Grundsätzlich sind wir der Auffassung, dass der früheste Bezug einer Altersentschädigung auf einem Zeitraum über 60 Jahren angehoben werden sollte. Die jetzt bestehende Möglichkeit, schon ab 57 Jahren in Rente gehen zu können, ist den Menschen nicht vermittelbar.
8.Unabhängig von der Notwendigkeit eines Konsenses mit der CDU/CSU und den anderen Fraktionen, wird eine Reform der Altersversorgung der Abgeordneten in dieser Legislaturperiode auf jeden Fall für notwendig gehalten. Die SPD-Bundestagsfraktion sollte offensiver vertreten, dass sie eine grundlegende Reform der Altersversorgung auf jeden Fall für notwendig hält.
Für die Positionen in diesem Papier haben wir als Landesgruppe seit Mai 2006 gekämpft. Wir konnten uns mit dieser Position leider nicht durchsetzen und der Kompromiss der Großen Koalition wurde von uns im Hinblick auf die Einschnitte in der Altersversorgung als nicht weitgehend genug angesehen. Dieser aus unserer Sicht unzureichende Einschnitt bei der Altersversorgung 2007 ist darauf zurückzuführen, dass die CDU/CSU zu weitgehenden Reformen bei der privilegierten Altersversorgung nicht bereit war und eine Blockade aufrecht hielt.
Auch die SPD insgesamt hatte eine Reform der Altersversorgung zum Ziel. Dies können sie daran erkennen, dass der damalige Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion für die SPD insgesamt im April 2006 gesagt hat: „Gerne möchte ich mich auch zu den Altersversorgungsregelungen für Abgeordnete äußern. Ich bin der Auffassung, dass sie verändert werden müssen. Meines Erachtens folgt das Modell der Alterversorgung von Politikern zu Unrecht dem Vorbild der Beamtenversorgung.“
Zurück zur aktuellen Debatte: Das in den schlagzeilen befindliche Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz, mit dem die Erhöhung der Abgeordnetenbezüge einhergeht, wird am 29.05.2008 in 2./3. Lesung im Bundestag beraten. In der SPD-Fraktionssitzung hat etwa ein Drittel der anwesenden Abgeordneten gegen die Erhöhung gestimmt. Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, die Erhöhung zu stoppen. Allerdings wird das wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nur Aussicht auf Erfolg haben können, wenn es außer dem breiten Widerstand in der SPD-Fraktion auch Abgeordnete von CDU/CSU gibt, die abweichend von ihrer bisherigen Haltung einer erneuten Diätenanpassung ihre Zustimmung versagen. Bisher war eine solche kritische Sicht innerhalb der CDU/CSU-Fraktion leider nicht erkennbar - Medienberichten zu Folge hat die CDU-Bundestagsfraktion am 06.05.2008 der Diätenerhöhung in einer internen Sitzung ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung zugestimmt. Wenn Sie, wie auch andre Bürger, die Diätenerhöhung als falsch empfinden, dann wäre es sicher sinnvoll, sich vor allem an Abgeordnete der CDU/CSU zu wenden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit dieser Antwort weiterhelfen konnte,
mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn