Frage an Bettina Hagedorn von Frank M.
Sehr geehrte Frau Hagedorn,
muss Fracking in Deutschland sein? Das Gefahrenpotential des Frackings ist m.E. unüberblickbar. Dazu kommt, dass sich in Deutschland bislang weder das Umweltbundesamt noch ein Umweltministerium mit den Fracking-Risiken eingehend beschäftigt hat. Die Fracking-Flüssigkeit enthält krebserregende, hormonverändernde und stark wassergefährdende Toxine, nämlich: Tetramethylammoniumchlorid, Petroleumdestillate, Octylphenol und Biozide aus der Gruppe der Isothiazolinone. Diese Informationen habe ich den diversen Presse- und Medienberichten entnommen. Den Schutz des Trinkwassers und der Gesundheit halte ich für uns den allerhöchsten Stellenwert. Den Ängsten gegenüber steht das Versprechen der Wirtschaft, die Technologie im Griff zu haben. Gegen Energie-Abhängigkeit helfen langfristig nur das Energiesparen und der Ausbau der Erneuerbaren Energien. Es ist also höchste Zeit, Einspruch zu erheben und uns dem umwelt- und gesundheitsgefährdenden Fracking mit aller Kraft entgegen zu stellen.
Kommentar:
Wenn ich für die Winterheizperiode 2015 3m3 Holz benötige, holze ich nicht gleich 3 Hektar Wald ab.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Meyer
23619 Zarpen
Sehr geehrter Herr Meyer,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 2. April, in der Sie fragen, ob Fracking sein muss. Als stellvertretende Landesvorsitzende der SPD-Schleswig-Holstein nehme ich - wie unsere Partei im Norden insgesamt - eine völlig unmissverständliche Position GEGEN Fracking ein. Meine Antwort auf Ihre Frage lautet deshalb: NEIN!
Wir lehnen Fracking aufgrund der unabsehbaren Risiken für Mensch und Umwelt ab. So steht es auch im Kieler Koalitionsvertrag von 2012 für das Land Schleswig-Holstein, den ich – gerade an dieser thematischen Stelle zusammen mit dem SSW und den GRÜNEN – feder-führend ausverhandelt habe:
„Wir halten CCS aus Sicherheits- und Klimaschutzgründen für falsch und lehnen Fracking ab. Deswegen wollen wir diese Wege für ganz Deutschland - insbesondere auch in der Ausschließlichen Wirtschaftszone - ausschließen. Dazu werden wir entsprechende Initiativen ergreifen bzw. unterstützen. Bis uns dies gelingt, werden wir CCS in Schleswig-Holstein über ein Gesetz verbieten.“
Folgerichtig setzte sich unsere Landesregierung auch schon im Bundesrat mit einer Gesetzesinitiative für ein bundesweites Verbot des umwelttoxischen Frackings ein. Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir erstens das Fracking in Schleswig-Holstein, dem Vorreiterland der Energiewende, nicht einmal ansatzweise brauchen, und dass zweitens die Risiken durch die beim Fracking eingesetzten hochgiftigen Chemikalien für Mensch und Natur unvorhersehbar sind. So wie Sie in Ihrer Anfrage den Trinkwasserschutz hervorheben, tat es die SPD deshalb auch bereits in ihrem Wahlprogramm im Bund 2013:
„Wir setzen uns für einen Verzicht des Einsatzes von Fracking ein, bis alle Risiken für Gesundheit und Umwelt bewertet und ausgeschlossen wurden. Dieses Moratorium soll so lange gelten, bis Fracking-Methoden ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, die zu einer schädlichen Veränderung des Grund- und Trinkwassers führen, zur Verfügung stehen.“
Allerdings erreichte die SPD – wie Sie wissen – bei der Bundestagswahl 2013 leider nur die Unterstützung von gut 25 Prozent der Wählerinnen und Wähler und konnten NICHT – wie von mir im Wahlkampf erhofft – eine Regierungsmehrheit mit den GRÜNEN in Berlin bilden, die beim Thema Fracking sicherlich eine kompromisslosere Verständigung ermöglicht hätte als mit der CDU/CSU. Im Koalitionsvertrag 2013 – 2017 der Großen Koalition findet sich deshalb leider nur folgender Passus, der einer „Light-Version“ unserer kritischen SPD-Sicht entspricht:
Die Koalition wird kurzfristig Änderungen für einen besseren Schutz des Trinkwassers im Wasserhaushaltsgesetz sowie eine Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bergbaulicher Vorhaben vorlegen, die vor Zulassung von Maßnahmen zur Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten mittels Fracking eine obligatorische UVP und Öffentlichkeitsbeteiligung vorsieht.“
Als kleinerer Partner in der großen Koalition versuchen wir jetzt, das Beste aus diesem Koalitionsvertrag, dem unsere Mitglieder zu ca. 70 Prozent zugestimmt haben, zu machen. Innerhalb unserer Bundestagsfraktion ist meine SPD-Kollegin Dr. Nina Scheer aus dem Wahlkreis Lauenburg federführend im entsprechenden Fachausschuss für Energie und Wirtschaft zuständig. Wir beide teilen 1:1 eine extrem kritische bzw. ablehnende Fracking-Sicht und werden deshalb in der anstehenden parlamentarischen Beratung, die am 7. Mai mit der 1. Lesung im Bundestag beginnt, darauf achten, dass der Schutz der Umwelt, der Gesundheit sowie des Schutzgutes Trinkwasser absoluten Vorrang erhalten.
Der aktuelle Regierungsentwurf zielt darauf ab, bestehende Regelungen im Berg- und Wasserrecht zu konkretisieren und zu verschärfen. Wie bei jedem anderen Gesetzesentwurf auch gilt das „Strucksche Gesetz“: Kein Gesetzentwurf verlässt das Parlament in der Regel so, wie ihn die Regierung eingebracht hat. So ist bereits vorgesehen, dass voraussichtlich Anfang Juni im federführenden Ausschuss eine öffentliche Anhörung stattfinden wird, und ich bin bereits sehr gespannt auf die kritischen Verhandlungen, die da vor uns liegen.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn