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Bettina Hagedorn
SPD
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Frage von Jens H. •

Frage an Bettina Hagedorn von Jens H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Hagedorn,

ich habe eine Frage zu Ihrem Abstimmverhalten als es um die Kennzeichnung von Gen-Honig ging.

Sie haben gegen die Kennzeichnung von Gen-Honig gestimmt. Dass die Gen-Technik, so wie sie jetzt praktiziert wird, nicht ohne Nebenwirkungen ist, das wissen Sie vermutlich. Das die Gen-Technik nicht unbedenklich ist, das zeigt zum Beispiel die in folgendem Link angesprochenen Studie. Den Ratten wachsen durch den Verzerr von Gen-Mais Geschwüre und ihre Organe verändern sich. http://netzfrauen.org/2014/02/07/neue-studie-zeigt-dass-der-verzehr-von-gen-mais-und-gen-soja-gesundheitsschaedlich-ist/

Wissen Sie, ob es eine Studie über Gen-Technik-Honig gibt, die nicht von einem Gen-Technik-Konzern in Auftrag gegeben wurde? Wenn nicht, wie konnten Sie dann gegen eine Kennzeichnung stimmen? Wenn Gen-Technik-Konzerne Studien in Auftrag geben, dann sind die Ergebnisse nicht immer glaubwürdig, wie man am Gen-Mais NK603 sehen kann. Der Mais ist für den menschlichen Verzerr zugelassen und hat bei Ratten seine Nebenwirkungen. Siehe dazu den folgenden Link: http://www.muenchen-querbeet.de/politik-gesellschaft-trends/monsanto-gentech-mais-ratten-krank-studie Dies zeigt doch, dass Gen-Technik-Konzerne auch bedenkliche Stoffe bei den Behörden zugelassen bekommen und z.B. Abgeordneter sich nicht auf Gutachten der Behörden oder Konzerne verlassen können.

Mich interessiert, warum Sie gegen eine Kennzeichnung von Gen-Honig sind. Ist es eine Parteivorgabe? Sind Sie oder ist Ihre Partei von der Gen-Lobby beeinflusst worden? Warum haben Sie eine andere Meinung, als die Mehrheit der Bevölkerung zur Kennzeichnung von Gen-Technik. Falls in 20 oder 30 Jahren herausgefunden werden sollten, dass die Krebsrate durch Gen-Technik in Lebensmitteln angestiegen ist, was würden Sie dann den Kranken sagen? Was meinen Sie? Warum hat die Bevölkerung in Gen-Technik-Fragen keine Lobby?

MFG
Jens Helmcke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Helmcke,

vielen Dank für Ihre mittlerweile achte Anfrage an mich bei abgeordnetenwatch.de. Ihr großes Politikinteresse und Ihre aktive Beteiligung freuen mich sehr. Auch Ihre Frage bezüglich der namentlichen Abstimmung vom 13.03.2014 zum Thema Gentechnik in Lebensmitteln möchte ich ausführlich beantworten. In der Tat ist der Diskussionsstand in Fragen der Genhonigrichtlinie kompliziert und erklärungsbedürftig:

Zunächst gilt es zu wissen, dass der Antrag der Partei Bündnis 90/Die Grünen im März ein klassischer „Schaufenster-Antrag“ war. Die Grünen wollten die Bundesregierung auffordern, sich im Europäischen Rat für eine Kennzeichnungspflicht für Genhonig einzusetzen oder die Richtlinie abzulehnen. Die Verhandlungen zwischen Europäischem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission, der sogenannte Trilog, waren zum Zeitpunkt des Antrags aber bereits abgeschlossen! Noch dazu umfasste das Mandat, das das Europäische Parlament für die Trilogverhandlungen erteilt hatte, überhaupt keine Verhandlungen um die Kennzeichnungspflicht – diese war schon dem Kommissionsvorschlag entsprechend vom Parlament abgelehnt worden. Der Grünen-Antrag konnte also schon von vornherein das Ziel, eine Kennzeichnungspflicht einzuführen, nicht erreichen.
Die Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion sind auch im Umweltausschuss ihrer Linie treu geblieben und haben, wie schon im Januar im Plenum des Europäischen Parlaments, gegen das Trilogergebnis gestimmt, da sie mit Ausnahme der spanischen Delegation ebenso wie wir eine Kennzeichnungspflicht befürworten. Leider erreichten sie aber keine Mehrheit.
Zu den im Trilog verhandelnden EU-Organen gehörte eben auch der Europäische Rat. Die Grünen-Forderung, die Änderung der Honigrichtlinie im Rat abzulehnen, würde konkret bedeuten: Einigungen wieder aufzubrechen, die man vorher in einem demokratischen Verfahren miteinander erarbeitet hat. Eine Unterstützung des Grünen-Antrags hätte uns daher einer guten Lösung keinen Schritt näher gebracht, stattdessen aber unsere eigenen Pläne gefährdet: Wir wollen unseren Koalitionspartner davon überzeugen, dass wir gemeinsam für echte Verbesserungen bei Schutz und Transparenz bezüglich grüner Gentechnik sorgen müssen. In einem anderen Fall haben wir damit bei CDU/CSU im letzten Jahr sehr wohl schon einen Fortschritt erzielt.
Die von Ihnen angeführten Quellen beschäftigen sich - wie Sie ja auch richtig feststellen - mit den gesundheitlichen Risiken von Genmais, nicht von Genhonig. Eine ähnliche Frage von Ihnen bezüglich des Grünen-Antrags zur Zulassung der Genmais-Linie 1507 habe ich im März bereits detailliert beantwortet und meinen persönlichen Standpunkt erläutert. Ihre Unterstellung - ob ich oder die SPD von der Gen-Lobby beeinflusst worden seien – weise ich energisch zurück. Als stellvertretende SPD-Landesvorsitzende aus Schleswig-Holstein kann ich Ihnen versichern, dass unser Landesverband bereits seit den 90er Jahre eine der kritischsten Sichtweisen innerhalb der SPD bundesweit zur Grünen Gentechnik hat und diese stets unbeirrt und konsequent verfolgt. Wie die SPD insgesamt lehne auch ich persönlich den Anbau und Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen ab, weil sie ein nicht kontrollierbares Risiko für die Umwelt und die konventionelle, gentechnikfreie Lebensmittelwirtschaft darstellt, wie Sie es ja anhand der schwer möglichen Abschätzung der Langzeitfolgen ebenfalls ansprechen.

Die SPD lehnt nicht nur den Anbau von Genmais in Deutschland strikt ab, sie verweigerte auch der Zulassung in Europa ihre Zustimmung. Nicht nur die an der Entscheidung im Ministerrat beteiligten SPD-Ministerinnen und Minister Umweltministerin Barbara Hendricks, Verbraucherschutzminister Heiko Maas und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel sprachen sich gegen die Zulassung aus, sondern zusätzlich unterzeichneten mit mir 70 SPD-Abgeordnete eine persönliche Erklärung zur Ablehnung des GVO-Mais als Protokollerklärung zur Abstimmung, bei der ich mich - nur aus Gründen der Koalitionsraison – zumindest enthalten habe. Fakt ist bedauerlicherweise, dass unser Koalitionspartner zum Thema Grüne Gentechnik eine andere Auffassung hat als wir Sozialdemokraten. In unserem Koalitionsvertrag haben wir dennoch vereinbart, dass wir gemeinsam die Meinung der Bevölkerung zur Gentechnik anzuerkennen und damit berücksichtigen wollen. Diese Überzeugungsarbeit ist ein Prozess, bei dem es erste Erfolge gab. Wie Sie selbst wissen, ist die Meinung der Bevölkerung zur Grünen Gentechnik sehr kritisch: Laut Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag von Greenpeace sind 88 Prozent der Deutschen dagegen. Wir wollen also dafür sorgen, dass – um mit Ihren Worten zu sprechen – die Bevölkerung durchaus eine „Lobby“ in Sachen Gentechnik hat.
In der Sitzung der EU-Minister am 11. Februar enthielt sich die Bundesregierung der Stimme. Da unser Koalitionspartner – durch seine beteiligten Ministerien für Gesundheit und Forschung sowie das Kanzleramt – für eine Zustimmung plädierte und so eine gemeinsame Linie in der Koalition nicht möglich war, folgte eine Enthaltung. Ohne die SPD in der Regierung hätte Deutschland dem Vorhaben vermutlich sogar zugestimmt. Wie oben angesprochen blieb auch unser Bemühen um Nichtzulassung im Europaparlament erfolglos.
Wir werden uns aber weiter energisch dafür einsetzen, den Anbau von GVO-Pflanzen zu verhindern. Eine SPD-Initiative in diese Richtung wird von der Union aber leider blockiert. Trotz der bislang festgefahrenen CDU/CSU haben wir aber endlich einen Vorstoß in Sachen Gentechnik erreichen können. Vier Monate nach der durch die Bundeskanzlerin unterstützten Verhinderung eines europaweiten Anbauverbots von gentechnisch veränderten Pflanzen hat die SPD die Unionsfraktion im Mai zu einem im Bundestag verabschiedeten Antrag überzeugt, der die Bundesregierung aufforderte, sich in der Diskussion in Brüssel für die Möglichkeit eines Anbauverbots innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten einzusetzen. Durch den Beschluss vom 12. Juni kann Deutschland somit – wie alle anderen EU-Mitglieder ebenfalls – den Anbau von GVO auf seinem eigenen Hoheitsgebiet untersagen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt zum Thema Gentechnik mit dieser Antwort noch einmal verdeutlichen. Ich kann Ihnen versichern, dass wir unserem Koalitionsvertrag entsprechend bei Entscheidungen, die Gentechnik betreffen, die – zurecht sehr kritische! – Meinung der Bevölkerung berücksichtigen werden.

Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn

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