Frage an Bettina Hagedorn von Brita M. bezüglich Frauen
Sehr geehrte Frau Hagedorn,
auch an Sie die Frage: warum waren Sie bei der Abstimmung über die Frauenquote nicht da?
Kann es für eine Politikerin wichtigeres geben als das Thema "Frauenquote"?
Wir Frauen fühlen uns nach dieser Abstimmung, wo wirklich JEDE Stimme wichtig gewesen wäre, im Stich gelassen. Selbst wenn es zunächst um die Aufsichtsräte ging; es wäre ein notwendiger und mehr als überfälliger Anfang gewesen.
Bitte erklären Sie uns Frauen dies doch einmal.
Besten Dank und freundliche Grüsse,
Brita Müller, Berlin
Sehr geehrte Frau Müller,
vielen Dank für Ihre Frage zu meiner Abwesenheit im Parlament am 18. April, als namentlich über die Einführung einer Frauenquote entschieden wurde. Ich habe viel Verständnis für ihre kritische Nachfrage und gestehe gerne, dass ich mich an diesem Tag deswegen noch schlechter gefühlt habe als es mir ohnehin ging.
Sie werden mir sicher zustimmen, dass es niemals wirklich einen geeigneten Moment gibt, krank zu werden. Seit ich 2002 für meinen Heimatwahlkreis Ostholstein in den Bundestag eingezogen bin, habe ich - gerade, weil ich mir meiner Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern bewusst bin - keinen einzigen Tag krank gefehlt und keine Abstimmung verpasst. Dieses Mal allerdings musste mich mein Hausarzt zwei Wochen lang aus ernsten Gründen „aus dem Verkehr ziehen“: Ich war vom 15. bis 26. April objektiv arbeitsunfähig - zu dem für uns Frauen ungünstigsten Zeitpunkt. Das tut mir leid.
Genau wie Sie bin ich enttäuscht über das Abstimmungsergebnis: 277 Ja zu 320 Nein bei einer Enthaltung. Ich bin ganz Ihrer Meinung: Ein positives Ergebnis hätte über die Vorstände und Aufsichtsräte hinaus Signalwirkung gehabt. Dies sahen viele Frauen - und auch einige Männer - in der Regierungskoalition eigentlich auch so, weshalb sie noch wenige Tage vor der Abstimmung ankündigten, mit uns für die SPD-Bundesratsinitiative aus Hamburg und Brandenburg zu stimmen. Dass sie allesamt (mit Ausnahme meiner lieben FDP-Kollegin Sibylle Laurischk) dann doch „umgefallen“ sind, nachdem ihnen die konservativen Kräfte um Frau Merkel einen faulen Kompromiss aufgedrückt haben, enttäuscht mich am meisten. Auf deren Standhaftigkeit wäre es angekommen.
Unser Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat es auf dem SPD-Bundesparteitag in Augsburg so formuliert: „Eine gesetzliche Frauenquote ist ökonomisch richtig, weil sie die Qualifikationen von Frauen zur Geltung bringt und ihnen Aufstiegsmöglichkeiten gibt. Eine gesetzliche Frauenquote ist auch sozial gerecht, weil es nicht sein kann, dass Chancengerechtigkeit blockiert wird und wir dem Grundgesetzanspruch der Gleichberechtigung – Gleichstellung von Frauen und Männern – nicht entsprechen.“
Es ist seit dem 18. April traurige Gewissheit, dass Schwarzgelb diese Gleichberechtigung von Mann und Frau im Beruf nicht aktiv verfolgt. Gute, den Kompromiss suchende Anträge werden abgelehnt, eigene Vorhaben auf den St. Nimmerleinstag datiert. Ich hoffe, dass die Wählerinnen am 22. September 2013 der SPD den Auftrag geben, Schluss zu machen mit dieser Heuchelei. Wir stehen - wie von uns beantragt - für eine stufenweise Einführung einer 40-prozentigen Quote für Frauen in Aufsichtsräten und Vorständen. Ich hoffe, dass wir dabei auf Ihre Unterstützung zählen können.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn