Portrait von Bettina Hagedorn
Bettina Hagedorn
SPD
100 %
/ 2 Fragen beantwortet
Frage von Jens-Olaf B. •

Durch welche Aktivitäten werden Sie dafür sorgen, dass der Bundestag beim Bundesverfassungsgericht beantragt, festzustellen, dass die AfD verfassungswidrig ist?

Portrait von Bettina Hagedorn
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr B., 

auf Ihre Frage vom 26. März, durch welche Aktivitäten ich dafür sorgen werde, dass der Bundestag beim Bundesverfassungsgericht die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD beantragt, möchte ich zunächst darauf verweisen, dass ich bereits am 30. September 2024 hier bei abgeordnetenwatch.de umfänglich auf eine ähnliche Frage mit Blick auf einen damaligen fraktionsübergreifenden AfD-Verbotsantrag meines CDU-Kollegen Marco Wanderwitz geantwortet und damals dargelegt habe, warum ich zum damaligen Zeitpunkt den Antrag nicht mitunterzeichnen würde. Meine ausführliche Argumentation können Sie hier nachlesen:  https://www.abgeordnetenwatch.de/profile/bettina-hagedorn/fragen-antworten/werden-sie-dem-afd-verbotsverfahren-zustimmen 

Meine Begründung für meine damalige Entscheidung war hauptsächlich, dass die Beweislage leider noch nicht fundiert genug sei und ich daher ein Verbotsverfahren gegen die AfD – ohne ein aktuelles Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Abstimmung mit den 16 Landesverfassungsämtern mit den erforderlichen zweifelsfreien Beweisen – skeptisch beurteilt habe. Dieses Gutachten liegt leider bis heute nicht vor, obwohl der damalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Thomas Haldenwang noch im Oktober 2024 in einer öffentlichen Anhörung dieses Gutachten für Ende 2024 angekündigt hatte. Stattdessen erfolgte mit dem Ampel-Aus am 6. November die Entscheidung für vorgezogene Neuwahlen, und Thomas Haldenwang schied als Präsident des BfV aus und kandidierte stattdessen (erfolglos) am 23. Februar für die CDU für den Bundestag. Seitdem wird die Leitung des BfV vorübergehend von seinen beiden Stellvertretern wahrgenommen und die Neubesetzung wird – wie es üblich ist – dem neuen Bundeskabinett von der/dem neuen BundesinnenministerIn vorgeschlagen – vermutlich nicht vor Mai 2025. Ende März antwortete das Bundesinnenministerium auf eine Medienanfrage „Das Gutachten ist noch nicht fertig gestellt und liegt daher dem BMI auch nicht vor. Das BfV erstellt das sehr umfangreiche und komplexe Gutachten mit der notwendigen Sorgfalt.“

Sie haben sicherlich mitverfolgt, dass am 30. Januar 2025 zwei Gruppenanträge, die die Verfassungswidrigkeit der AfD durch das Bundesverfassungsgericht feststellen lassen wollten, offen und kontrovers im Plenum des Bundestages debattiert wurden und im Anschluss an den Ausschuss für Inneres und Heimat zur weiteren Diskussion überwiesen wurden, da es erkennbar keine erforderliche Mehrheit im Bundestag gegeben hätte. Aufgrund der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 und der Konstituierung des neuen Bundestages am 25. März 2025 müsste nun ein neuer Antrag gestellt werden, damit sich der 21. Deutsche Bundestag erneut bzw. weiterhin mit dieser Thematik befassen kann. Allerdings gibt es aktuell noch gar keine Ausschüsse im Bundestag, da diese IMMER erst NACH einer Regierungsbildung gebildet werden und erst danach ihre Arbeit aufnehmen können.

Ich bin mit Ihnen gespannt auf das angekündigte Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, ob es hinreichende Beweise in ganz Deutschland gibt, um die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ hochstufen zu können hat, denn damit erst gäbe es die rechtliche Grundlage, um ein Verbotsverfahren der AfD erfolgreich anzustoßen. Denn die Folge einer ansonsten möglichen Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht wäre ein politisches Desaster und darf auf gar keinen Fall unterschätzt werden. Es wäre eine „Steilvorlage“ für die Propaganda der AfD, die ein gescheitertes Verbotsverfahren für ihre Zwecke instrumentalisieren und sich als Opfer der „Altparteien“ und der „abgehobenen Eliten“ inszenieren würde. 

Darum ist es aktuell weder möglich noch sinnvoll, ein erfolgreiches Verbotsverfahren gegen die AfD in die Wege zu leiten. Da die AfD bei der Bundestagswahl 2025 ihren Stimmenanteil auf 20,8% verdoppeln konnte und nun mit 152 Sitzen zweitgrößte Fraktion im Bundestag geworden ist, muss jedes weitere Vorgehen bezüglich einem Verbotsantrag der Partei mit größter Sorgfalt bedacht sein und rechtlich auf sicherem Fundament stehen. 

Am wichtigsten ist es weiterhin, dass wir im direkten Austausch mit den Menschen bleiben, die der AfD ihre Stimme gegeben haben, und sie wieder von unseren Lösungen für die Probleme unserer Zeit mit guten Argumenten überzeugen, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen!  

Mit freundlichen Grüßen 

Ihre Bettina Hagedorn

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Bettina Hagedorn
Bettina Hagedorn
SPD