Frage an Bettina Hagedorn von Frauke R. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Hagedorn,
seit ca. 1,5 Jahren habe ich meine kleine Enkeltochter als Pflegekind zu Hause. Ich bekomme kein Pflegegeld, keinen Unterhaltsvorschuss und außer dem Kindergeld nichts an Finanziellen Hilfen. Für mich war es damals selbstverständlich Lea aufzunehmen und sie nicht in eine fremde Familie zu geben. Ich liebe dieses Kind wie mein eigenes und bin deshalb auch beruflich kürzer getreten. Doch nun geraten wir langsam in finanzielle Not. Ich möchte von Ihnen wissen, warum wird dieses Kind nicht so unterstüzt wie andere Pflegekinder auch und warum gibt es für sie keinen Unterhaltsvorschuss? Für eine möglichst schnelle Antwort wäre ich sehr dankbar. Vielleicht können Sie uns etwas helfen. Lea hätte es wirklich verdient.
Mit freundlichen Grüssen
Frauke Riepenhausen
Sehr geehrte Frau Riepenhausen,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 28. Juni 2011 via www.abgeordnetenwatch, in dem Sie nach den Gründen für das Ausbleiben finanzieller Unterstützung für Sie und Ihr Enkelkind, das Sie in Pflege genommen haben, fragen.
Die Verantwortung für ein Pflegekind zu übernehmen, verdient zuallererst große Anerkennung und Dankbarkeit. Dass ein Pflegekind von den eigenen Großeltern oder anderen Verwandten aufgenommen wird und so in der Familie bleiben kann, ist aus meiner Sicht dabei die bestmögliche Lösung für das Kind selbst. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum Sie seit eineinhalb Jahren kein Pflegegeld erhalten.
Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss besteht für Kinder nur dann, wenn sie bei einem alleinerziehenden Elternteil leben und vom anderen Elternteil nicht, nur teilweise oder nicht regelmäßig Unterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts (§ 1612a Abs. 1 BGB) erhalten und das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Da ich keine Informationen zur familiären Situation Ihrer Enkelin habe, kann ich zu einem möglichen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss keine Aussage machen.
Voraussetzung für den Anspruch auf Pflegegeld ist ein Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung beim zuständigen Jugendamt. Dieser Antrag darf jedoch laut §27 Abs. 2a SGB VIII nicht allein mit der Begründung der Verwandtschaft zwischen Pflegekind und Pflegeeltern abgelehnt werden: „Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.“
Dem entsprechend hat beispielsweise das Verwaltungsgericht Würzburg am 12. Mai 2011 (Aktenzeichen W 3 K 11.87) einer Klage einer Großmutter, die ihr Enkelkind in Pflege genommen und auf ihren Antrag für Pflegegeld einen negativen Bescheid vom zuständigen Jugendamt erhalten hatte, stattgegeben und das Jugendamt muss das Pflegegeld nun nachzahlen. Am 4. September 1997 hat das Bundesverwaltungsgericht (Aktenzeichen 5 C 11/96) bereits einen ähnlichen Fall im Sinne der Pflegeeltern bzw. des Pflegekindes entschieden.
Sehr geehrte Frau Riepenhausen, als Bundestagsabgeordnete kann ich Ihnen keine Rechtsberatung anbieten. Daher möchte ich Ihnen empfehlen, für die rechtliche Beurteilung Ihres Anspruchs auf Pflegegeld einen Anwalt für Familienrecht hinzuzuziehen. Ich hoffe, dass eine Lösung dafür gefunden werden kann, dass Sie und Ihre Enkelin das Pflegegeld in vollem Umfang, auch rückwirkend, erhalten.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn