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Bettina Hagedorn
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Frage von Frank M. •

Frage an Bettina Hagedorn von Frank M. bezüglich Verkehr

Gemeinden (Kommunen, Dörfer) liegen am Tropf.

Eine Frage zum Thema Kanalkataster:

Die Städte und Gemeinden (Dörfer) sind mehr als "gehalten", ein Kataster in Form einer Abwasserkanalisatitionverfimung vornehmen zu lassen. Schön und FILM, die Europäische Kommission unter Beteiligung des Mitgliedstaates Deutschland, kommt zu dem Ergebnis, dass eine Verfilmung der Abwasserleitungen vorzunehmen ist.
Super, am Beispiel Zarpen wird deutlich, dass diese Aktion (inkl. möglicher Sanierungen) etwa 550.000.- TSD Euro kosten wird. Ja klasse, diese Geldsumme hat die Gemeinde "natürlich auf der Nachtischschublade liegen".
Konkret bedeutet das, in Zarpen müssen über die nächsten 15 Jahre Kommunalkredite bedient werden.
Super, das war ja wohl auch die Absicht der EU-Kommission (oder)? Was macht das letzte Dorf in Griechenland, was die Hochebene in Portugal? Alle nehmen Kredite auf und realisieren den Kanalkatasterwahn? Ja sicherlich. Mir scheint, und das höhre ich als Vorsitzender immer häufiger, einige Mitgliedstaaten eilen gerne voraus, andere geniessen den Tenor (kommt Zeit kommt-- "hat sich erledigt"-brauchen wir nicht)

Genug der Überzogenen Darstellung,

Frage: Muss eine einmal verordnete Kanalkatastererstellung zwingend umgesetzt werden?

Durch die Kommunalkreditaufnahme, nur für diese Maßnahme, werden alle weiteren Investitionsmaßnahmen auf Jahre hinaus blockiert.

Zum Beispiel:

Sportstättenförderung (Umkleideraumsituation)
Straßendeckensanierung (Deckenflickprogramm)
Straßenbeleuchtung (nur noch jeden zweite Straßenlaterne brennt)
Winterdienst ( Straßenzüge werden einfach gesperrt, um Kosten zu sparen)
u.v.a.

Frank Meyer
Vorsitzerder des Bau- Wege-Umwelt- Landschaft und Naturausschußes
der Gemeinde Zarpen

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre via „abgeordnetenwatch.de“ zugeleitete Anfrage vom 3. Februar 2011, ob eine einmal verordnete Kanalkatastererstellung zwingend umgesetzt werden muss. Ich gehe nach Ihren Angaben davon aus, dass Sie die Dichtheitsprüfung von Abwasserleitungen meinen und in Zarpen als Anwohner oder Gemeindevertreter von einer solchen geplanten Maßnahme – möglicherweise auf Anraten der Amtsverwaltung – betroffen sind. Zarpen kenne ich gut, denn diese kleine Gemeinde im ländlichen Raum Nordstormarns gehört ja zu meinem Wahlkreis. Da ich bis 2003 20 Jahre lang selbst in der ähnlich strukturierten Gemeinde Kasseedorf am Bungsberg kommunalpolitisch aktiv war – die letzten 6 Jahre als ehrenamtliche Bürgermeisterin und Amtsvorsteherin - ,habe ich großes Verständnis dafür, dass für eine Gemeinde wie Zarpen 550.000 Euro viel Geld sind, welches man gern anders - evtl. auch „besser“ - anlegen möchte. Natürlich sind die Reinhaltung des Bodens und Grundwassers sowie der Schutz der Trinkwasserversorgung vor Verunreinigungen aus undichten Leitungen nicht zu vernachlässigende Themen - allerdings muss man pragmatisch schon unterscheiden, ob man die Umweltgefahr in einer städtischen, industrialisierten Region mit Gewerbegebieten mit hohem Gefährdungspotential vor sich hat oder im ländlichen Raum mit geringer Bevölkerungsdichte auch geringe Abwassermengen. Insofern gibt es aus meiner Sicht auf der Grundlage bestehender nationaler Gesetze von Bund und Land basierend auf der europäischen Wasserrahmenrichtlinie dennoch einen Ermessensspielraum bei der Priorisierung der zeitlichen Umsetzung, wobei das vorliegende Gefährdungspotential eine entscheidende Rolle spielen muss. Ihr Hinweis auf „das Dorf in Griechenland“ und „die Hochebene in Portugal“ ist deshalb nicht relevant, weil die maßgebliche, zugrunde liegende Gesetzgebung die nationale ist – und letztlich die des Landes Schleswig-Holstein. Die in diesem Fall einschlägige DIN-Norm 1986 – 30 ist im Amtsblatt für Schleswig-Holstein veröffentlicht worden (Amtsbl. Schl.-Holst. 2010, S. 905) und somit zwingend anzuwenden. Sie enthält bezüglich des Abwassers sowohl konkrete Prüfarten wie auch Prüffristen. Danach müssen die gesetzlich vorgeschriebenen Dichtigkeitsuntersuchungen fachgerecht, d.h. durch eine fachkundige Firma, als Erstprüfung bei privaten Abwasserleitungen außerhalb von Wasserschutzgebieten in Schleswig-Holstein bis zum 31.12.2025 durchgeführt werden. Abwasserleitungen, die gewerbliches Abwasser ableiten, sind als Erstprüfung bis zum 31.12.2015 auf Dichtheit zu überprüfen.

Die ursprünglich vorgesehenen Fristen für die Dichtheitsüberprüfung als Erstprüfung bei privaten Hausanschlüssen sind hier gegenüber dem ersten Vorschlag der schwarz-gelben Landesregierung nicht zuletzt auf Druck der SPD um 10 Jahre verlängert worden, so dass die praktische Umsetzung wesentlich entzerrt wird. Diese Fristverlängerung halte ich für notwendig und richtig. Auch der Zeitabstand für die Wiederholungsprüfungen wurde richtigerweise von 20 auf 30 Jahre verlängert.

Da die Gemeinden nach § 30 Landeswassergesetz zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind, müssen sie diese – im Regelfall – per Satzung regeln. Dabei kann die Gemeinde entscheiden, ob ein Grundstückseigentümer die Dichtheitsprüfung selbständig beauftragen soll oder ob die Gemeinde anbietet, die Leitungen zu untersuchen bzw. eine koordinierende Rolle einnimmt, um evtl. kostengünstigere Angebote zu erwirken.

Man kann trefflich darüber streiten, ob die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein ausreichend über die DIN-Norm 1986 - 30 informiert wurden. Es besteht jedenfalls die Gefahr, dass hier dubiose Geschäftemacher im Wege von Haustürgeschäften Bürger „abzocken“ wollen, indem sie die Prüfungen zu überteuerten Preisen anbieten. Wie auch im sonstigen Leben, sollten mehrere Kostenvoranschläge eingeholt und Referenzen miteinander verglichen werden. Auch durch gemeinsam mit Nachbarn erteilte Prüfaufträge können evtl. günstigere Preise erzielt werden.
Weitere Informationen zum Thema, u.a. eine „Handlungsempfehlung zur Umsetzung der DIN 1986 – 30“ (leider – Stand 23.03.2011 - seitens der Landesregierung noch nicht aktualisiert) sowie eine Hintergrundinformation vom 14.12.2010 finden Sie hier. ( www.schleswig-hols-tein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/WasserMeer/12_Abwasser/06_AbwasserleitungenKanaele/ein_node.html )

Weitere Hinweise: Für die Beantwortung Ihrer Frage ist auf die geltende Rechtslage abzustellen. Rechtsgrundlage für die Überprüfung von Grundstücksentwässerungsanlagen ist § 60 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz. Danach müssen alle Abwasseranlagen, wozu auch Grundstücksentwässerungsanlagen zählen, nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet, betrieben und unterhalten werden. Die Zuständigkeit dafür liegt beim Betreiber der Anlage, d.h. im Regelfall beim Eigentümer. Über eine Verweisung in § 34 Abs. 1 Landeswassergesetz SH findet in diesem Fall die DIN-Norm 1986 - Teil 30 „Entwässerungs-anlagen für Gebäude und Grundstücke – Instandhaltung“ als allgemein anerkannte Regel der Technik Anwendung. Dies wurde u.a. auch schon vom Oberverwaltungsgericht Schleswig bestätigt (OVG Schleswig, NVwZ-RR 1998, S. 641 f.).

Aus umweltschutzrechtlicher Sicht gibt es berechtigte Gründe für die Durchführung von Dichtheitsprüfungen, bspw. mittels einer Verfilmung der Kanalisation. Beschädigte Leitungen bedeuten, dass Abwässer in unser Grundwasser gelangen und dies verunreinigen können. Die Dichtigkeit von Abwasserleitungen und damit einhergehend eine Dichtigkeitsuntersuchung sind erforderlich, um den Boden, das Grundwasser und die Trinkwasserversorgung vor Verunreinigungen aus undichten Leitungen zu schützen und zu verhindern, dass Grundwasser in die Leitungen eindringt und so die Abwasserentsorgung und -reinigung behindert wird.

Hinzufügen möchte ich noch, dass es eine europäische Richtlinie oder eine andere europäische Norm zur Dichtigkeitsprüfung privater Abwasserleitungen nicht gibt . Die bestehende EU-Wasserrahmenrichtlinie (2000/60/EG) fordert allerdings eine Reinhaltung des Grundwassers.

Zusammenfassend lässt sich Ihre Frage, ob die Dichtheitsprüfung von Abwasserleitungen zwingend vorgenommen werden muss, mit einem „ja – im Rahmen der geltenden Vorschriften“ beantworten.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Hagedorn

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