Frage an Bettina Hagedorn von Patrick S. bezüglich Finanzen
Liebe Frau Hagedorn,
mir stellt sich die Frage, wie man Millionen für den Wahlkampf ausgeben kann, obwohl wir sehr hoch verschuldet sind. Mehr als 60 Millionen Euro wurden von den Steuern genommen, die WIR bezahlen müssen ob wir wollen oder nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass man diese 60 Millionen Euro gut für andere Zwecke ausgeben kann. Ich würde gerne von Ihnen wissen, wie Sie zu diesen 60 Millionen Euro stehen.
Sehr geehrter Herr Scheunemann,
ich sehe die Parteienfinanzierung als richtig und als notwendig an. Wenn Sie kritisieren, dass der Staat Parteien Gelder für ihre politische Arbeit zur Verfügung stellt, müssen Sie beachten, dass im Parteiengesetz (§ 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG) eine finanzielle Förderung der Parteien geregelt ist. So soll sichergestellt werden, dass neben den Volksparteien auch andere, kleinere Parteien Zugang zu Bundestagswahlen erhalten.
Die SPD finanziert ihre Wahlkämpfe nicht nur aus dieser staatlichen Finanzierung, sondern vor allem aus Mandatsabgaben, die bei uns jeder leistet -- in der Fraktion auf Orts-, Kreis-, Landes-, Bundes- und Europaebene - , der durch SPD-Mandate Aufwandsentschädigungen oder Diäten erhält. Ich selbst lege -- auf meiner Homepage unter dem Stichwort "Gläserne Abgeordnete" -- offen, dass ich als Bundestagsabgeordnete ca. 1.000 EUR monatlich zu diesem Zweck verschiedenen Parteigliederungen spende. Das ist nicht in allen Parteien in diesem Umfang üblich - CDU/CSU und FDP erhalten beispielsweise aufgrund von Lobbyarbeit Großspenden aus der Wirtschaft, die deren Wahlkampf vergleichsweise hoch mitfinanzieren. Wenn Sie beispielsweise die z.Zt. täglich geschalteten, farbigen Großanzeigen der CDU Ostholstein für Herrn Gädechens als Bundestagskandidaten an prominenter Stelle in der Zeitung sowie für die Landtagskandidaten anschauen, werden Sie feststellen, dass dafür Summen erforderlich (und offensichtlich vorhanden) sind, die das 2 -- 3fache meines Gesamtbudgets ausmachen.
Wer also angesichts der Wirtschaftskrise fordert, dass die staatlichen Gelder einbehalten werden, der gefährdet die Vielfalt unserer demokratischen Parteienlandschaft -- Parteien haben nach der deutschen Verfassung den AUFTRAG an der politischen Willensbildung und den demokratischen Strukturen mitzuwirken. Parteien erhalten staatliche Subventionen degressiv zur Anzahl ihrer Wählerstimmen; das bedeutet, dass kleine Parteien pro Stimme relativ mehr Geld erhalten als große. Damit sollen kleine Parteien mehr Chancen erhalten, Wahlkampf auf Augenhöhe mit den großen Volksparteien zu finanzieren: Bei bis zu 4 Millionen Stimmen erhält eine Partei 85 Cent pro Stimme, sobald sie mindestens 0,5 Prozent bei der Bundestagswahl erreicht. Darüber gibt es 70 Cent pro Stimme, sowie insgesamt 38 Cent je Euro, der über Spenden bis 3.300 Euro oder Beiträge in die Kassen der Partei fließt. Die Parteienfinanzierung stärkt unsere repräsentative Demokratie, deshalb ist sie richtig.
Wer diese Form der staatlichen Parteienfinanzierung in Frage stellt, der befürwortet deshalb unfreiwillig eine noch größere Abhängigkeit der Parteien von entsprechenden Wirtschaftslobbyisten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie dieses befürworten würden.
Mit freundlichen Grüßen
Bettina Hagedorn