Frage an Bernhard Seidenath von Markus K. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Seidenath
Der Verkehrsminister ruft dazu auf mit dem Rad zur Arbeit zu fahren.
In den Medien heißt es, dass sich die Deutschen zu wenig bewegen.
Der Umweltaspekt z.B. Feinstaubdiskussion, Spritpreise und der Klimawandel sprechen auch für das Fahrrad.
Aber wer gibt sich schon gerne in Gefahr?
Sind Sie schon mal als Radfahrer, von einem KFZ mit Tempo 100 und einem Seitenabstand von nur 50 cm überholt worden?
Ob nun Profi-, Hobbyfahrer oder Kinder mit dem Rad unterwegs sind, alle haben was gemeinsam, keine Knautschzone! Nicht jedem Kraftfahrzeugfahrer in der BRD scheint dies bewusst zu sein. Geschweige dem, das der Mindestabstand beim Überholen 1,5m betragen muss.
Wie wäre es bei zu geringen Abständen, mit drastischen Geldstrafen?
Bei anderen Verkehrsvergehen sind die Strafen vor kurzem erhöht worden!
Warum nicht auch dafür?
Der Radfahrer wird akzeptiert wenn er bei Olympia für Deutschland kämpft, wird er aber auf Deutschlands Straßen geschützt?
Sind Radwege sicher?
Es sind Fußgänger möglicherweise mit Hund, Inliner oder Traktoren darauf unterwegs. Sogesehn ist ein Radweg eher ein Mischweg!
Der Radfahrer ist nicht im Blickfeld der Kraftfahrtzeuge und wird beim Abbiegen zu spät gesehen!
An Hof Ausfahrten und Abzweigungen wird der Radfahrer durch Zäune und Hecken verdeckt, ein flüssiges vorwärts kommen ist nicht möglich!
Fährt aber ein Radfahrer auf der Straße weil er den Gefahren der Radwege entgehen will, verliert er die Rechtssicherheit wegen der Radwegbenutzungspflicht.
Jedoch behauptet Herr Ulrich Kasparick Bundesv.:
"Wir haben in Deutschland keine Radwegbenutzungspflicht"
Am Straßenverkehr nehmen wir alle teil, mit Fahrzeug oder als Fußgänger darum geht dieses Thema jeden an.
Ob Sportlicher-, Normaler- Radfahrer oder Kinder, diese gilt es alle zu schützen und nicht auf Radwege zu schicken die gefährlich sind.
Erst dann kann es wirklich sorgenfrei heißen "Deutschland bewegt sich".
Wie gedenken Sie diesen Problemen zu begegnen?
Mit freundlichen Grüßen
M. Klein
Sehr geehrter Herr Klein,
als überzeugter Freizeit-Radler und als Enkel eines Fahrradmechanikers danke ich Ihnen sehr für Ihre Fragen. Sie brechen zurecht eine Lanze für das Radfahren, denn die Fortbewegung auf dem Fahrrad ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch positiv für die eigene Gesundheit. Radfahren ist kommunikativ, eine Fortbewegung für Jung und Alt sowie für die ganze Familie. Zudem bekommt man als Radler viel von der umliegenden Landschaft mit. Radfahren ist deshalb gerade im landschaftlich so schönen Landkreis Dachau ein Genuss. All dies sind auch die Gründe, warum ich derzeit im Rahmen meiner Wahltour mit Rad und Tat Seidenath auf dem Fahrrad im gesamten Landkreis unterwegs bin (vor drei Wochen, am 10. August, auch in Hilgertshausen). Dass Radfahren fit hält, hat beispielsweise am vergangenen Samstag in Markt Indersdorf ein 82-Jähriger bewiesen, der die gesamte Strecke inklusive des Anstiegs zum Freibad Ainhofen - in der Gruppe mitgefahren ist. Und natürlich haben wir dabei auch die von Ihnen so eindringlich beschriebenen - Gefahren erlebt, denen man als Radfahrer auf einer viel befahrenen Staatsstraße ausgesetzt ist. Deshalb halte ich das Ziel für richtig, das eigenständige Radwegenetz möglichst komplett auzubauen. Deshalb ist auch in meiner Heimatgemeinde Haimhausen gerade ein eigenständiger Radweg an einer Staatsstraße eröffnet worden, bei zweien steht der Bau kurz bevor, ein weiterer ist angedacht. Insgesamt hat sich in puncto Radwegen im Landkreis in den letzten Jahren viel getan, denken Sie nur an den Ammer-Amper-Radweg.
Zu Ihren Fragen im Einzelnen:
Das Thema Radwegbenutzungspflicht ist unter Juristen in der Tat umstritten. Innerorts kann man darüber meines Erachtens noch eher streiten. Sie sprechen aber vor allem Radwege außerhalb geschlossener Ortschaften an. Und hier bin ich klar der Meinung, dass eigenständige Radwege die Sicherheit der Radfahrer (und auch der anderen Verkehrsteilnehmer, insbesondere der Autofahrer, die Radfahrer überholen) erhöhen. Wo es Radwege gibt, sollten Radfahrer sie also auch benutzen. Alles andere würde keinen Sinn machen. Auch wären sonst die beträchtlichen Summen, die Radwege kosten, vergeblich aufgewendet worden.
Ich halte die Gelder, mit denen beispielsweise der Freistaat den Bau von Radwegen an Staatsstraßen fördert, für bestens angelegt. Für verfehlt hielte ich es dagegen, Radwege für Inline-Skater oder Hunde zu sperren. Meines Erachtens kommt man mit gegenseitiger Rücksichtnahme, wie überall im Straßenverkehr, am weitesten. Wo wirklich Radfahrer durch Ausfahrten gefährdet sind, muss vor Ort überlegt werden, ob nicht durch einfache bauliche Maßnahmen, etwa durch einen Spiegel, Abhilfe geschaffen werden kann.
Schließlich sind Radfahrer nach geltendem Verkehrsstrafrecht nicht schutzlos gestellt: Ein Autofahrer hat beim Überholen eines Radlers, so ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm, einen Seitenabstand von mindestens 1,5 Meter einzuhalten. Ab einer Geschwindigkeit von 90 km/h sind es sogar zwei Meter. Überholt ein Autofahrer einen Radfahrer in zu geringem Abstand so wird nach dem Bußgeldkatalog ein Bußgeld von 30 Euro fällig. Geschieht dies grob verkehrswidrig und rücksichtslos und kommt es dabei zu einem Beinahe-Unfall, so kann der Tatbestand einer Gefährdung des Straßenverkehrs nach Paragraf 315c des Strafgesetzbuchs erfüllt sein. Der Überholende kann dabei mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, bei nicht vorsätzlicher, aber fahrlässiger Begehung mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Noch einmal: Durch eigenständige Radwege, die auch benutzt werden, kommt es gar nicht so weit. Sondern Radfahren bleibt das, was es eigentlich ist: ein fit haltender, umweltfreundlicher und geldbeutelschonender Spaß, sei es auf dem Weg in die Arbeit oder in der Freizeit.
So wünsche ich Ihnen allzeit gute Fahrt und grüße Sie freundlich
Bernhard Seidenath