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Bernhard Herrmann
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Frage von Sinah T. •

Ist das Bürgergeld ein Anreiz für Sozialtourismus?

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Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau T.,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Der Bundestag und der Bundesrat haben am 25. November 2022 das Bürgergeld beschlossen und seit dem 1. Januar 2023 ist es in Kraft. Das Bürgergeld schafft eine klare Kurskorrektur in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, für die wir Grüne im Bundestag lange gekämpft und intensive Gespräche und Verhandlungen mit unseren Koalitionspartnern und der Union geführt haben. Im Bundestag und Bundesrat hat es eine breite Unterstützung nicht nur der Ampelfraktionen, sondern auch der Union und von Landesregierungen mit Beteiligung der Linken erhalten.

Für den Erhalt des Bürgergeldes gibt es klare Regeln, die auf der Seit der Bundesagentur für Arbeit detailliert dargelegt werden. Kurz gesagt: Erwerbsfähige Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen beziehen können und für welche andere Leistungen wie Arbeitslosengeld, Wohngeld, Kinderzuschlag etc. nicht ausreichen, erhalten Bürgergeld.

Menschen, die als Flüchtlinge zu uns kommen und sich im Asylverfahren befinden bzw. deren Asylantrag abgelehnt wurde, erhalten Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich die EU-Länder ziemlich schnell darauf geeinigt, ukrainische Flüchtlinge schnell und unbürokratisch aufzunehmen. Dafür aktivierte der Rat der Europäischen Union am 4. März 2022 einstimmig und erstmals in der Geschichte der EU die Richtlinie zum vorübergehenden Schutz. Die Richtlinie hat den Sinn, im Fall einer großen Fluchtbewegung in die EU eine pragmatische Aufenthaltsgewährung jenseits langwieriger Asylverfahren zu ermöglichen. Des Weiteren legt sie Mindeststandards fest, die von den Mitgliedstaaten etwa beim Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Sozialleistungen oder zur Gesundheitsversorgung eingehalten werden müssen. Das Asylverfahren wird dabei nicht ersetzt, sondern ergänzt.

Innerhalb eines Jahres wurden laut UNHCR fast fünf Millionen Flüchtlinge in den EU-Staaten aufgenommen. Dabei hat sich jedoch gezeigt, dass es schlichtweg ein Mythos ist, dass Geflüchtete vor allem in jenen Staaten Zuflucht suchen, in denen die Sozialleistungen vorgeblich am höchsten sind. Viel wichtiger waren dabei familiäre und freundschaftliche Netzwerke, Sprache oder Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Nur so lässt sich erklären, warum mit Abstand am meisten ukrainischen Flüchtlinge in Polen Schutz suchten und nicht bei uns in Deutschland.

So manch ein/e Politiker/in, der/die Gegenteiliges behauptet hat, hat entweder die Unwahrheit gesagt und/oder sich schließlich für die eigene Wortwahl entschuldigen müssen.

Beste Grüße
Bernhard Herrmann

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