Warum werden deutsche Steuerzahler so hoch besteuert und warum ist das Rentenniveau so tief ?

Sehr geehrte Frau R.,

vielen Dank für ihre erneute Anfrage über Abgeordnetenwatch.

Die OECD-Studie, die in den von Ihnen verlinkten Artikeln angesprochen wird, leistet nur einen groben Vergleich. Auch im Artikel selbst heißt es, dass hinter dem angenommen Durchschnittsverdienst eigentlich eine Vielzahl unterschiedlicher Steuersätze steckt. Außerdem berücksichtigt die Studie nicht die Eigenheiten von Steuersystemen – wie etwa die Steuerabzüge, die in Deutschland möglich sind, etwa der Arbeitnehmerpauschbetrag. Betrachtet man statt eines Alleinstehenden mit Durchschnittsverdiensts ein verheiratetes Paars mit zwei Kindern, bei dem nur eine Person zum Einkommen beiträgt, sieht es schon wieder ganz anders aus.

Ein interessanter Befund auf der OECD-Studie ist allerdings, dass in Deutschland Geringverdiener im internationalen Vergleich tendenziell stärker belastet werden, Spitzenverdiener im Vergleich aber geringer. Die Ampelkoalition hat deshalb im Bürgergeldgesetz geregelt, dass Beschäftigte mit Midijobs oberhalb von 520 Euro künftig bis zu einem Einkommen von 2.000 Euro bei den Sozialabgaben entlasten werden. Das Gesetz wurde allerdings diesen Montag von CDU/CSU im Bundesrat blockiert. Wir hoffen sehr, zu einer Einigung im Vermittlungsausschuss zu kommen, damit Geringverdiener künftig mehr vom Brutto bleibt.

Für die Steuerlast gilt genauso wie für gesetzliche Rentenzahlungen, dass es schwierig ist, einzelne spezifische Werte des Wirtschaftssystems unterschiedlicher Länder zu vergleichen. So hat Italien laut OECD etwa eine deutlich höhere Nettoersatzquote, was aber in absoluten Zahlen keine deutlich höheren Rentenzahlungen bedeutet. Das Rentenniveau bezieht sich darauf, wie sich die Renten in Deutschland im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen entwickeln. Da Deutschland zu den Ländern gehört, in denen die Rente entsprechend der Lohnentwicklung angepasst wird, sind die Renten in Deutschland in den letzten Jahren beispielsweise stärker gestiegen als in vielen anderen OECD-Ländern, in denen sie teilweise sogar gesunken sind. Die letzte Rentenerhöhung in Deutschland 1. Juli 2022  betrug im Westen 5,35 Prozent und im Osten 6,12 Prozent. Die Rentnerinnen und Rentner in Deutschland partizipieren somit an den Wohlstandsgewinnen der Gesellschaft.

Freundliche Grüße

Bernd Rützel