Frage an Bernd Kölmel von Lisa B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kölmel,
Sie befürworten den Kauf von Daten, die Aufschluss über sogenannte Steuersünder geben sollen.
Ist es also Ihrer Meinung nach legitim, dass der Staat in dem Fall des Kaufes von gestohlenen Daten selbst eine Straftat begeht?
Darf das Gesetz verändert werden, damit der Staat nicht dagegen verstößt?
Wenn ja, bedeutet das wiederum, dass bei Gesetzesverstößen auf Seiten des Volkes der Staat dem Straftäter mit den gleichen Mitteln begegnen darf?
Im Voraus bedanke ich mich für Ihr Bemühen. Ich würde mich über eine Stellungnahme ihrerseits freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Lisa Biermann
Sehr geehrte Frau Biermann,
vielen Dank für Ihre Anfrage, aus der ich entnehme, dass Sie sich mit diesem sehr kontrovers diskutierten Thema eingehend auseinander gesetzt haben.
Der staatliche Ankauf sog. Steuer-CD’s und die Verwertung deren Inhalte stand in der Vergangenheit unter strafverfahrensrechtlichen Gesichtspunkten auf dem Prüfstand höchstrichterlicher Rechtsprechung. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom November 2010 (vgl. 2 BvR 2101/09) die Verwertbarkeit solcher Daten (selbst wenn diese rechtswidrig erlangt wurden) für die Strafverfolgung grundsätzlich bejaht. Verwertbarkeit bedeutet nicht, dass die Daten für sich alleine als Beweis ausreichend sind, wohl aber, dass sie von den Strafverfolgungsbehörden dazu genutzt werden können, um einen Anfangsverdacht für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu begründen, in welchem dann ent- und belastende Beweise zu suchen sind.
Mir ist bekannt, dass dieses Urteil in Juristenkreisen nicht unumstritten ist, denn es geht hier um die wichtige Frage, ob sich die Strafrechtspflege und letztlich der Staat, der „Früchte des verbotenen Baumes“ bedienen darf oder nicht. In Deutschland wird dies zwar nicht generell aber unter bestimmten Voraussetzungen bejaht. Im angelsächsischen Recht ist das dagegen anders. Dort müsste man einen Mörder, in dessen PKW-Kofferraum bei einer Verkehrskontrolle eine Leiche gefunden wird, laufen lassen, wenn der Anlass für die Verkehrskontrolle nicht begründet war. Die Kontrolle hätte es juristisch quasi nie gegeben und man dürfte gegen den Mörder unter Bezugnahme auf die Verkehrskontrolle überhaupt nichts unternehmen.
Ich meine, ein Rechtsstaat muss die Freiheitsrechte seiner Bürger, soweit es nur irgendwie geht wahren und verteidigen, aber er sollte dabei auch Grenzen kennen und ziehen, besonders dann, die Gefahr besteht, dass der gesunde Menschenverstand droht „unter die Räder zu kommen“ und die Rechtsauslegung ins Absurde abzugleiten scheint. Das BVerfG hat es sich mit seiner Entscheidung bestimmt nicht einfach gemacht und, so glaube ich, nach dieser Maxime gehandelt.
In den vergangenen Jahren haben sich die Regierungen unseres Landes in schwierigen Fragen zunehmend von „Karlsruhe beraten lassen“ , vielleicht deshalb, weil sie den Willen des mehrheitlichen Volkes nicht mehr zu vertreten wussten. Wir, die AfD, befürworten in wichtigen Fragen dagegen die Volksabstimmung.
Sehr geehrte Frau Biermann, ich weiß, Ihre Frage bezog sich auf die Legitimität des Ankaufs einer Steuer-CD und nicht auf die Verwertbarkeit deren Inhalte und Sie haben auch Analogien zu Ihrer Auffassung hergestellt. Da aber beides miteinander in Verbindung steht und das Rechtsproblem aus deutscher Warte überwiegend in der Frage Verwertbarkeit liegt, als darin, ob sich deutsche Vollzugsbeamte bei der Beschaffung solcher CD’s strafbar machen oder nicht, war es mir wichtig, zuerst diesen Punkt anzusprechen.
Sie sagen, der deutsche Staat beginge beim Ankauf der CD’s ein Straftat. Dies mag zunächst eine naheliegende Annahme sein, zumal die Schweiz auch gegen drei deutsche Steuerfahnder und einen Behördenvorstand (aus Sicht des Rechtes der Schweiz begründete) Haftbefehle erlassen hat. Steuerrecht ist ein individuelles Staatsrecht und kein global gültiges humanitäres Recht. Damit meine ich, dass in dieser Angelegenheit die Sichtweise des Staates Schweiz sich grundlegend von der des Staates Deutschland oder anderer Staaten unterscheiden kann. Es wurden verschiedenste Straftatbestände für das Handeln der deutschen Amtsträger wurden von Juristen diskutiert und wieder verworfen, so Hehlerei, Geldwäsche, Beihilfe zur Untreue oder zum Ausspähen von Daten sowie datenschutzrechtliche und wettbewerbsrechtliche Tatbestände. Nach deutschem Recht wurde demnach objektiv kein Straftatbestand verwirklicht.
Abgesehen von juristischen Betrachtungen - worum geht es? Es geht im Grunde doch darum, deutsche Staatbürger, die in Deutschland ihr Geld verdienen und in diesem Land leben, an ihren fiskalischen Abgabepflichten zu beteiligen. Eine andere Frage ist , in welcher Höhe das geschieht. Könnte man in dieser Frage eine internationale Annäherung herstellen, wäre das Steuer-CD-Thema bald keines mehr.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Kölmel