Frage an Bela Bach von Monika B. bezüglich Naturschutz
Sehr geehrte Frau Bach,
Wie Sie als Abgeordnete aus der Region sicher wissen, hat ein Unternehmer einen Antrag auf Kiesabbau im Gemeindegebiet von Höhenkirchen gestellt und mehrere örtliche Bauern gefunden, die willens sind, dafür ihre Flächen zu verpachten.
Die aktuell in Frage stehende Fläche liegt neben dem Gewerbegebiet MUNA/ Wächterhof, wobei einige Wohnhäuser wenige Meter von der geplanten Zufahrtsstraße entfernt sind. Viele Einwohner aus Höhenkirchen und Hohenbrunn haben massive Bedenken (Verkehr, Lärm, Landschaftsbild, Risiken für Trinkwasser durch geplante Verfüllung der Grube), die auch fraktionsübergreifend vom Gemeinderat geteilt werden. Die Möglichkeiten der Gemeinde / des Landratsamtes, das Vorhaben abzulehnen, scheinen jedoch begrenzt, bedingt durch die gesetzliche Privilegierung des Kiesabbaus.
Meine Frage nun an Sie: Wie stehen Sie / Ihre Fraktion zur aktuellen Privilegierung des Kiesabbaus? Werden Sie hier Initiativen starten, um diese abzuschaffen/ einzuschränken (bzw haben Sie hier evtl schon Schritte unternommen)?
Vielen Dank vorab für Ihre Antwort!
Viele Grüße,
Monika Baumgarth
Sehr geehrte Frau Baumgarth,
als Planeggerin, deren Gemeinde seit Jahrzehnten vom Kiesabbau belastet ist, habe ich sehr viel Verständnis für Ihre Anfrage und weiß, was solche Abbaugebiete für einen Eingriff in die Landschaft und Belastung für die Natur und Menschen bedeuten.
Als Abgeordnete muss ich aber die Interessen der Gemeinschaft in Auge haben. Rund 155 Millionen Tonnen Kies werden im Jahr in Deutschland etwa für Straßen, Brücken und Häuser abgebaut und der Bedarf steigt weiterhin. Leider sind viele Vorkommen aber überbaut, liegen unter Ackerflächen oder in Schutzgebieten. Der Widerstand gegen den Abbau wächst. Es wird immer schwieriger Abbaugebiete für Sand- und Kiesflächen umzusetzen. Ohne die gesetzliche Privilegierung wäre Kiesgewinnung fast unmöglich. Dennoch sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung von Kiesgewinnung keineswegs unerheblich.
Die Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn hat es auf ihrer Internetseite sehr gut beschrieben:
„Der Abbau von Kies ist im Außenbereich zulässig, wenn drei Voraussetzungen gegeben sind:
Das Vorhaben muss nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sein;
die Abbauanlage muss ausreichend erschlossen sein, beispielsweise durch Zufahrtsmöglichkeiten;
dem Abbau dürfen keine öffentlichen Belange entgegenstehen –Beeinträchtigungen sind allerdings erlaubt. Daneben gelten für den Kiesabbau weitere Vorgaben, unter anderem aus der Bayerischen Bauordnung und dem Bayerischen Abgrabungsgesetz.“
Geologisch ist Deutschland reich an Kies. Nicht nur in Mitteldeutschland gibt es große Vorkommen, auch in Bayern und entlang des Rheins. Kies ist der wichtigste heimische Baurohstoff. Etwa 2000 Gewinnungsstellen gibt es in Deutschland laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Doch, wie schon betont, der Platz, an dem Kies abgebaut werden kann, wird knapper. Der Hauptgrund ist die Konkurrenzsituation um Flächen. Ein Argument der Abbaubefürworter ist der immer weiter ansteigende Bedarf an Kies. Das Gegenargument der Kritiker lautet: Mehr Flächen werden nicht unbedingt gebraucht, weil in Deutschland mehr gebaut wird, sondern weil der Kies auch ins europäische Ausland verkauft wird. Kies vom Niederrhein wird beispielsweise in die Niederlande exportiert. In der Region München wird angesichts der regen Bautätigkeit der Kies nicht exportiert, sondern bleibt in Bayern.
Allerdings kann Deutschland als Mitglied im EU-Wirtschaftsraum solche Exporte nicht verbieten und muss seiner europäischen Gemeinschaftsverpflichtung nachkommen.
Ziel wird aber immer sein, durch Gesetz und Regelung die Ressource Sand und Kies für Bauvorhaben in Deutschland zur Verfügung zu stellen. Die Rahmenbedingungen für den Kiesabbau setzen in Deutschland die einzelnen Bundesländer fest. Sie regeln auch, unter welchen Bedingungen neue Gebiete erschlossen werden können. Die Kommunen müssen sich diesen Planungsverfahren weitestgehend fügen.
Im Rahmen dieses Verfahren wird geprüft, ob öffentliche Belange entgegenstehen, wie schädliche Umweltwirkungen, Lärm, Staubentwicklung, Grundwassergefährdung und Ähnliches. Aus diesem Grund muss ein Antragsteller mit verschiedenen Gutachten nachweisen, wie er diesen Beeinträchtigungen entgegenwirkt oder sie vermeidet. Natürlich müssen auch Mindestabstände zu Wohn- oder Mischgebieten eingehalten werden. Diese Prüfung läuft jetzt in Höhenkirchen-Siegertsbrunn an. Auch das gestörte Landschaftsbild spielt eine Rolle und die Bewertung des Eingriffs in den Naturschutz oder die Wasserwirtschaft. In Planegg habe ich leider erlebt, dass Auflagen, mit denen eine Genehmigung verbunden werden kann, insbesondere die Renaturierung nach dem Abbau, bis heute nicht eingehalten worden sind. Genau das sind die Umstände, die den Abbau in manchen Fällen schädlich machen können und genau hiergegen gilt es, notfalls mit juristischen Schritten, vorzugehen.
Sympathie hege ich durchaus für eine Idee der Gegner des Kiesabbaus, für den sogenannten „Kiesgroschen“: Durch eine Rohstoffabgabe der kiesabbauenden Unternehmen könnte unter anderem neue Forschung nach Alternativen vorangetrieben werden, Recycling und andere Baustoffe könnten so irgendwann zu einem Ende des Kiesabbaus, zumindest aber zu einem starken Rückgang führen. In Schweden gibt es solch eine Kiessteuer bereits seit 1996. Da aber jedes Bundesland eigene gesetzliche Vorgaben gibt, kommt es zu keiner bundeseinheitlichen Regelung. Ich bin aber der Überzeugung, dass es Forschung braucht und Lösungen zur Wiederverwertung von Beton und damit auch Kies gefunden werden müssen. An einer gesetzlichen Privilegierung von Sand- und Kiesabbau kommen wir aber derzeit nicht vorbei.
Mit freundlichen Grüßen
Ihre Bela Bach